Torben Becker sichtet die sozialen Bewegungen der Stadt:
Nach dem Kieler Matrosenaufstand am 3. November 1918 sprang der Funke der Revolution auf weite Teile Deutschlands über, in München wurde etwa die Räterepublik ausgerufen – eine kämpferische Zeit, die Errungenschaften wie beispielsweise das Frauenwahlrecht hervorbrachte. An diese Errungenschaften, aber auch an die unerfüllte Forderung, die Beendigung von Ausbeutung und Krieg, soll heute im Rahmen der Demonstration „100 Jahre unvollendete Revolution“ erinnert und für die Stärkung sozialer und demokratischer Rechte demonstriert werden (8. 11., Brandenburger Tor, 18 Uhr).
Doch gibt es einige Menschen, die diese Stärkung nur in Verbindung mit nationalistischen und rassistischen Ideologien denken mögen. So beispielsweise die Initiator*innen um Enrico Stubbe des Vereins „Wir für Deutschland“ (WfD), der schon in der Vergangenheit mit Kundgebungen auffiel, die für ein breites rechtsradikales Spektrum anschlussfähig waren. Am Jahrestag der Novemberpogrome 1938 hat dieser Verein eine Kundgebung am Washingtonplatz mit anschließender Demonstration angemeldet – eine gezielte Provokation. Unzählige Initiativen, Organisationen, Projekte, Einzelpersonen und Netzwerke organisieren daher seit Wochen eine Vielfalt an Gegenprotesten in der ganzen Stadt. Um an diesem 9. November auf dem Laufenden zu sein, organisiert die Aktionsgruppe #nonazis0911 am Donnerstag, 8. November, auf dem Schiff Freibeuter in der Rummelsburger Bucht einen Informationsabend zu den geplanten Gegenprotesten. Dort wird es einen Überblick, Aktionsmateriale und Diskussionen über kreative Interventionsmöglichkeiten geben (8. 11., Kynaststr. 17, 19 Uhr).
Am Freitag selbst gibt es mehrere Gegenprotest-Aktionen: Das Netzwerk Reclaim Club Culture organisiert den Demonstrationszug „Faschismus wegbeamen“ mit kreativem Interventionspotenzial (9. 11., Rosa-Luxemburg-Platz, 16 Uhr). Um 17 Uhr organisiert die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten VVN-BdA eine Gedenkveranstaltung für die Opfer der mörderischen Vernichtung, die mit den Novemberpogromen 1938 begann. Im Anschluss gibt es eine antifaschistische Demonstration (9. 11., Mahnmal Levetzowstraße, 17 Uhr). Zudem findet etwas zeitversetzt ein leuchtender Gegenprotest in Sichtweite zu den Teilnehmer*innen von WfD statt. Hier sind alle aufgerufen, Fahrrad- und Taschenlampen mitzubringen (9. 11., Spreebogenpark, 18 Uhr). Weitere Informationen zu den einzelnen Veranstaltungen finden Sie wie immer unter www.taz.de/bewegung.
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