Andreas Behn über die Wahl in Brasilien
: Ungeschminkter Rechtskurs

Noch besteht Hoffnung in Brasilien. Nicht ausgeschlossen, dass der Ex-Militär Jair Bolsonaro doch noch gestoppt wird und auch den zweiten Durchgang der Präsidentschaftswahl gewinnt. Leider ist das unwahrscheinlich. Nach der Wahl am Sonntag ist zu befürchten, dass das fünftgrößte Land der Welt sich bald in die Riege der Staaten einreiht, deren Regierungen den Rechtsstaat und Menschenrechte in Frage stellen.

Er werde dafür sorgen, dass alle Verbrecher erschossen werden, und die Anhänger seines politischen Gegners, sagte Bolsonaro und posierte im Wahlkampf mit angelegter Waffe. Später ließ er mitteilen, er habe nur gescherzt.

Seine Wähler schreckt das nicht ab. Sie wählen ihn, weil er einen Aufbruch nach der langen Krise verspricht. Weil er der Korruption den Garaus machen will, obwohl er selbst fragwürdige Geldbeträge von Unternehmen bekam.

Seine Fans misstrauen der ganzen Politikerkaste und vergessen, dass Bolsonaro seit über 20 Jahren Bundesabgeordneter ist. Einige sagen, er vergreift sich nur im Ton, wenn er sagt, eine Kollegin sei zu hässlich, um vergewaltigt zu werden. Er übertreibe nur, wenn er Schwarze als faul bezeichnet. Andere teilen schlicht seine rassistische und sexistische Einstellung.

Bolsonaro ist kein Außenseiter, dessen Popularität überrascht. Er ist Teil des Establishment und wurde zu einer politischen Option, als kein anderer konservativer Kandidat in den Umfragen punktete. Massenmedien und Unternehmer setzten auf den Ex-Militär, weil er gegen links wetterte und ein liberales Wirtschaftsprogramm in Aussicht stellte.

Anders als klassische Rechtspopulisten spricht er kaum zu denen, die am meisten unter Krise und Armut leiden. Seine Klientel ist die weiße Mittelschicht. Ihr bietet sich Bolsonaro als Garant von Familienwerten an, ebenso wie der Elite als Bollwerk gegen links – das heißt im heutigen Brasilien gegen 14 Jahre sozialdemokratischer Reformpolitik der Arbeiterpartei.

Ein Präsident Bolsonaro ginge auf das Konto derjenigen, die seit 2014 alles daran setzten, die Arbeiterpartei aus der Regierung zu drängen und ihre althergebrachte Macht wiederzuerlangen.

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