Kolumne Flimmern und Rauschen: Die Zukunft in gedruckter Form
Das neue Magazin Ada will die Zukunftsplattform der digitalen Welt sein. Dass es gedruckt erscheint, ist kein Widerspruch.
Wir unterbrechen das ausgedruckte Programm mal eben für eine wichtige Durchsage: Wir leben im Jahrhundert des Gehirns! Sagt jedenfalls Miriam Meckel beziehungsweise spricht darüber bei den Mittwoch startenden Medientagen München (Ja, die gibt es immer noch!). Untertitel ihrer Keynote: „Wie wir unser Denken ans Internet anschließen“.
Wobei sich ja eher die Frage stellt, wer da wen anschließt, aber das ist für eine digitale Hohepriesterin wie Miriam Meckel wahrscheinlich ein zu kulturpessimistischer Ansatz. Denn Meckel, die ja nie mit einer Sache wirklich ausgelastet scheint – aktuell ist es der Job als Herausgeberin der Wirtschaftswoche (ja, die gibt’s auch noch) –, also Miriam Meckel macht seit diesem Monat auch Ada. Was in Sachen Wirtschaftswoche und Dieselskandalberichterstattung auch für Abgaszentrum der Automobilindustrie stehen könnte, aber es natürlich nicht tut.
Denn Ada ist kein Auslaufmodell wie der Verbrennungsmotor, sondern will „Zukunftsplattform“ für die digitale Welt sein und liegt aktuell mit der ersten gedruckten Ausgabe am Kiosk. Das ist natürlich kein Widerspruch, hier noch mal mit Print anzufangen, denn Ada ist „eine Anleitung zum Glücklichsein im technischen Wandel“ und da muss man die Leute ja irgendwo abholen, zum Beispiel am Bahnhofskiosk.
Dass in dessen Nähe heute auch gerne mal die ebenfalls technisch runderneuerten Zeugen Jehovas stehen, passt ins Bild. Auch Meckel und MitstreiterInnen haben einen quasimissionarischen Ansatz: „Join Ada! Die Gemeinschaft für Zukunft und Zuversicht“ heißt es auf der vorletzten Seite. Dann kommt die in deutschen Zeitschriften unvermeidliche Uhrenanzeige.
Alles supi
Wenn wir also unser Hirn ans Netz anschließen, wird alles supi, lautet – etwas verkürzt – die Aussage, anspruchsvoller klingt das im Blatt dann so: „KI wird zum Rorschachtest der Menschheit“, und lustigerweise bestückt neben anderen ein gewisser Karl Theodor von und zu, Sie wissen schon, eine Rubrik namens #thinktank.
Seine Botschaft: Die Deutschen „nörgeln über kalifornische Datenkraken und Allmachtsfantasien, halten Monopolstrukturen für Teufelszeug und obszöne Firmenbewertungen mit bizarren Gründern für Vorboten einer eigentlich bereits geplatzten Blase“. (Liest sich schön sinnfrei-pseudokomplex – wer hat ihm das denn wieder aufgeschrieben?)
Finanzieren soll sich Ada übrigens nicht so sehr über Heftverkäufe und Anzeigen, sondern über Fort- und Weiterbildungen, die man der zuversichtlichen Gemeinschaft angedeihen lassen will. Eine Art positiv gestimmter Bibelkurs sozusagen. Mit Ada als „Wachturm“ für die fortschrittsgläubige Hirncommunity. Gelobt sei Miriam Meckel!
Leser*innenkommentare
Philippe Ressing
Ach die immer wieder überschätzte Frau Meckel. Erst war sie in NRW unter Ministerpräsident Clement, dem sozialen Hardliner der SPD, das mediale Wunderkind. Sie sollte den Medienstandort NRW auf Trab bringen, das Ergebnis - eher mau. Chapeau, sie verkauft sich gut - und sei es mit der Vermarktung des eigenen burnouts. Und nun kommt das Supi-Pro-Digital Magazin aus dem Hause Holtzbrinck - und wie lautet ihre ach so neue Marketingidee: Finanzierung per Fort- und Weiterbildung. Gähn, auf den Gaul setzten schon seit Jahren Fachmagazine und Wochenzeitungen wie Werben & Verkaufen oder die Zeit. Da Verkaufserlöse und Werbeeinnahmen den Verlegern nicht genug Profit abwerfen, versuchen sie mit mehr oder weniger attraktiv besetzten Podien zahlende Besucher zu keilen. Die Entwicklung des von ihr mitverantworteten NRW-Medienforums - heute längst Geschichte.