Ende der Schilderposse

Die Blumenthaler Leo-Drabent- und Hans-Neumann-Wege säumten wenig würdevolle Streitigkeiten zwischen Ortsamtsleiter und Friedens-Ini. Nun wurden sie offiziell eingeweiht

Leo Drabent und Hans Neumann waren Werftarbeiter bei der Bremer Vulkan und der AG Weser. Als KPD-Funktionäre wurden sie 1933 zum ersten Mal verhaftet.

Später verteilten sie in den Werften Flugblätter und organisierten Widerstandsgruppen.

1944 wurden beide zum Tode verurteilt und am 20. November hingerichtet.

Stolpersteine für Drabent und Neumann liegen in Vegesack und Blumenthal bereits seit 2005.

VonSimone Schnase

Am gestrigen Dienstag wurden die lange geplanten Wegeschilder zum Gedenken an die aus Blumenthal stammenden Antifaschisten Leo Drabent und Hans Neumann eingeweiht. Die Initiative „Nordbremer Bürger gegen den Krieg“ hatte die Würdigung auf den Weg gebracht. Deren Sprecher Gerd-Rolf Rosenberger (DKP) erfuhr freilich nur per Zufall vom gestrigen Termin.

Am Donnerstag, sagt Rosenberger, habe er Blumenthals Ortsamtsleiter Peter Nowack (SPD) beim Einkaufen getroffen: „Da sagte er mir ganz beiläufig, dass die Einweihung stattfindet. Ich hätte das ansonsten wahrscheinlich erst am Montag Abend auf der Beiratssitzung erfahren. Bis heute kam keine offizielle Einladung.“ Dennoch waren er und seine Ini natürlich dabei.

Denn bereits im Juli 2012 war ein Bürgerantrag Rosenbergers, Drabent offiziell zu würdigen, mehrheitlich vom Beirat angenommen worden. Bloß umgesetzt wurde er nicht. Mal wurde die Umbenennung einer Straße verworfen, mal die Benennung einer Brücke und zuletzt das Errichten einer Gedenkstele – das wäre zu teuer geworden, sagte Ortsamtsleiter Nowack.

Also beschloss Rosenbergers Ini, mit ihrer Geduld am Ende, im Herbst 2017 selbst zu handeln: Sie organisierte einen Benefizabend und sammelte dabei so viel Geld, dass sie zwei Wegeschilder zum Gedenken an Drabent und Neumann finanzieren konnte. Die errichtete sie am 16. Dezember an zwei bisher namenlosen Fahrrad- und Fußgängerwegen in Blumenthal.

So „hervorragend“ Ortsamtsleiter Nowack die Auswahl der beiden Wege fand: Er ließ die Schilder wieder demontieren. Denn es gab zu diesem Zeitpunkt nur den Beschluss, Drabent zu ehren – für seinen Mitstreiter Hans Neumann musste ein eigener Antrag im Beirat gestellt werden. Und der sollte, ebenso wie ein nachträglicher Antrag auf Genehmigung der Schilder, nur dann angenommen werden, wenn Rosenberger als Antragsteller bereit gewesen wäre, die Schilder erst einmal wieder zu entfernen. Der weigerte sich. Also stimmte der Beirat gegen die Genehmigung.

„Beschämend“ nannte Karl Brönnle, Sprecher des Linken-Ortsverbands Bremen-Nord, das, was dann folgte: Rosenbergers abgelehnter Antrag wurde nämlich auf der nächsten Beiratssitzung erneut eingebracht – allerdings von der SPD und den Grünen. Und angenommen.

Und so wurde nach sechs Jahren der Antrag auf eine Benennung der Wege nach Drabent und Neumann ganz offiziell auf den Weg gebracht. Nach Prüfung und Genehmigung werde man „in einem sehr feierlichen Akt die beiden Männer würdigen und Rosenberger und seine Leute bekommen ihre Schilder zurück – die können sie sich dann ja an die Wohnzimmerwand hängen“, sagte Nowack im Februar der taz.

Der „sehr feierliche Akt“ am gestrigen Dienstag war freilich ein kleiner: Neben dem Orts­amtsleiter und der Beiratssprecherin sollten laut Nowack „ein paar Beiratsmitglieder und Interessierte“ an der Einweihung teilnehmen. Per Newsletter habe das Ortsamt in der vergangenen Woche über den Termin informiert.

Der kam aber weder bei Rosenberger noch bei Heike Binne an: Sie ist Quartiersmanagerin in Lüssum und hatte Rosenberger ebenfalls für den gestrigen Dienstag zur „Stadtteilgruppe“ eingeladen: Er sollte „den Menschen etwas über Leo Drabent und Hans Neumann erzählen“. Dass dieser Termin gerade am Tag der Schilder-Einweihung anberaumt wurde, sei Zufall: „Ich habe von der Einweihung selber erst vor ein paar Tagen irgendwo gelesen“, sagt Binne.

Er sei im Urlaub gewesen, begründete Nowack die kurzfristig anberaumte Einweihung. „Wir wollten, dass das schnell geht“, sagt er. Die Beiratssprecherin werde bei dem angekündigten „sehr feierlichen Akt“ ein paar Worte sagen, „ich sage auch ein paar Worte und damit ist die Sache für uns erledigt“, kündigte er an.

„Auch, wenn sie kurz waren: Die Reden waren gut und würdevoll“, sagt Rosenberger. Ihre selbstfinanzierten Schilder hat die Ini noch nicht zurückbekommen: „Das machen wir ein andermal“, sagt Nowack.