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Alles ist verblüht

Nach der uninspirierten 0:3-Niederlage gegen die Niederlande gerät Joachim Löw immer stärker unter Druck. Seine Personalentscheidungen irritieren, die Trainerfrage wird lauter

Aus Amsterdam Frank Hellmann

Kann es sein, dass die deutsche Nationalmannschaft gerade jenen Sonnenblumen ähnelt, die vor ihrem Hotel in Amsterdam stecken? Trotz eines goldenen Oktober-Wochenendes sind die meisten verblüht und verwelkt. Die Pracht ist dahin. Dass es in der bisherigen Besetzung bei der deutschen Nationalmannschaft eigentlich nicht mehr weitergeht, dafür hat das 0:3 in der Nations League gegen die Niederlande den letzten Nachweis geliefert.

Joachim Löw, der angeschlagene Bundestrainer, hat von einer „brutal enttäuschenden Niederlage in der Höhe“ gesprochen. Vieles erinnerte an das 0:2 im letzten Gruppenspiel gegen Südkorea: vorne erst die Torphobie und hinten am Ende weit offen. Dazwischen fehlten Tempo und Esprit.

Zu beklagen war ein kollektiver Systemausfall. Nicht nur Löws scharfzüngiger Kritiker Michael Ballack stellt infrage, ob der Südbadener wirklich der richtige Mann für die Neuausrichtung ist. DFB-Präsident Reinhard Grindel übermittelte am Sonntag, dass man jetzt zusammenstehen müsse: „Dass der Weg unserer Mannschaft nach der WM auch Rückschläge mit sich bringen kann, war uns allen klar. Umso wichtiger ist es, jetzt gemeinsam auf und neben dem Platz als ein Team zusammenzustehen.“ Eine Durchhalteparole, mit der sich Grindel in schlechtester Politiker-Manier alle Optionen offen hielt. Entlassung Löw inklusive.

Im DFB-Präsidium sitzen weitere Skeptiker und Zweifler. Bei der turnusgemäßen Sitzung am Freitag dürfte das Thema breiteren Raum einnehmen. Dass mehrere Mitglieder in der Trainerfrage dafür plädieren, im Fall eines Abstiegs den Daumen zu senken, gilt als sicher.

Bezeichnend, dass Löw die vom Dolmetscher aus dem Englischen übersetzte Frage, ob dies eines seiner letzten Länderspiele gewesen sei, nicht verstand. „Für mich, oder was?“, fragte er fast entgeistert. Sodann regte er einen Platztausch an, denn dafür sei er der falsche Ansprechpartner. Er habe nicht vor, aufzuhören. „Not at the moment.“ Aber die Sachlage könnte bald eine andere sein: Das Auswärtsspiel beim Weltmeister Frankreich besitzt auf einmal den Status eines Entscheidungsspiels.

Wenn sein Trupp sich im Stade de France ähnlich apathisch ergibt, dann kommt vielleicht auch Löw zur Erkenntnis, dass es mehr als nur kosmetische Änderungen braucht. Allerspätestens das Rückspiel gegen die Niederlande (19. November) wird über Löws Zukunft entscheiden. „Ein Abstieg aus der Nations League ist nicht wünschenswert“, gab er pflichtgemäß zu Protokoll, aber wichtiger ist ihm: „Wir müssen alles, was auf uns einprasselt, ausblenden. Wir müssen Charakter zeigen.“

Aber es braucht mehr als nur Leidenschaft, was schon im merkwürdig schöngefärbten Freundschaftsspiel gegen Peru nicht gelungen war. Auch im 4-3-3-System greifen die Automatismen nicht. „Die richtige Ausgewogenheit ist das Schwierigste im Fußball überhaupt“, hatte es der Bundestrainer zuvor genannt, aber ewig Zeit hat in diesem Metier kaum noch jemand. Auch er ist diesen Nimbus längst los – und daran ist der Mann selbst schuld. Noch immer baut der Weltmeistertrainer von 2014 auf eine Achse, die längst brüchig ist. Den Debütanten Mark Uth, 27, anstelle von Leroy Sané, 22, aufzustellen, wirkte irritierend, denn damit sendet die sportliche Leitung an die junge Garde die völlig falschen Signale.

Erschwerend scheint auch die fehlende Einsicht der Arrivierten. Eigentlich erlaubte sich nur der zu spät eingewechselte Julian Draxler, obwohl an den finalen Gegentreffern beteiligt, einen kritischen Ansatz: „Es ist die große Frage, warum wir es mit dem Spielermaterial nicht schaffen, wieder attraktiven Fußball zu spielen. Mir persönlich geht das zu langsam, und es ist zu berechenbar. Es fehlen die Überraschungsmomente, die Ideen, die Risikobereitschaft. So können wir nicht weitermachen.“ Zur unweigerlichen Frage, ob er damit die Trainerdiskussion eröffnet habe, antwortete der 25-Jährige nur: „Dazu äußere ich mich nicht.“

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