Pflegebeiträge werden teurer

Gesundheitsminister Spahn verteidigt seinen Vorstoß, Experten kritisieren ihn als unzureichend

Der Beitrag zur Pflegeversicherung soll zum Jahreswechsel um 0,5 Punkte auf 3,05 Prozent steigen, für Kinderlose auf 3,30 Prozent. Das Kabinett billigte am Mittwoch einen entsprechenden Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Die Beitragserhöhung soll der Pflegeversicherung zusätzliche Einnahmen von 7,6 Milliarden Euro pro Jahr einbringen.

Dies soll nach dem Willen des Gesundheitsministeriums sicherstellen, dass der Beitrag zur Pflegeversicherung möglichst bis 2022 stabil bleiben kann. Auch weitere im Koalitionsvertrag vereinbarte Maßnahmen wie eine kontinuierliche Anpassung der Sachleistungsbeträge der Pflegeversicherung an die Personalentwicklung sowie weitere Entlastungen für pflegende Angehörige sollen damit finanziert werden.

Der Sozialverband VdK warnte, Verbesserungen in der Pflege dürfen nicht zulasten der Bedürftigen und ihrer Familien gehen. „Pflegedürftigkeit ist zunehmend ein Armutsrisiko geworden“, erklärte VdK-Präsidentin Verena Bentele. Sie sprach sich dafür aus, Leistungen für pflegende Angehörige oder die Investitionskosten bei stationärer Pflege aus Steuermitteln zu finanzieren. Der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, erklärte: „Es fehlt ein schlüssiges Gesamtkonzept zur nachhaltigen Finanzierung der Pflege.“ Zukünftig sollte die Pflegeversicherung die gesamten Pflegekosten übernehmen, so Brysch. Auch DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach forderte ein Gesamtkonzept, „in das sämtliche Vorhaben in der Pflege, inklusive Pflegepersonal, eingepreist werden müssen“. Alles andere bleibe Stückwerk. „Die Kosten sollten dann gerecht im Rahmen einer Bürgerversicherung verteilt werden“, forderte Buntenbach.

Die Grünen nannten die von Spahn geplante Erhöhung „Augenwischerei“. Allein 0,3 Prozentpunkte seien nötig, um die Mehrkosten infolge der jüngsten Pflegereformen abzudecken, erklärte die pflegepolitische Sprecherin der Fraktion, Kordula Schulz-Asche. Die restlichen 0,2 Beitragspunkte dürften kaum ausreichen, um die Kosten für gute Pflege zu decken. Gebraucht würden eine Bürgerversicherung und zusätzliche Steuerzuschüsse, forderte Schulz-Asche.

Die Linken-Pflegeexpertin Pia Zimmermann forderte eine konsequente Rückführung von Pflegeeinrichtungen in die kommunale Hand: „Die private Pflegewirtschaft steht in den Startlöchern, um die erhöhten Pflegebeiträge einzustreichen.“ Private Anbieter werben mit zweistelligen Renditen, für sie gebe es keine Notwendigkeit, das zusätzliche Geld in gute Pflege zu investieren. (afp)

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