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Richter für höchstes US-GerichtKavanaugh wird wieder Fall fürs FBI

Trumps Wunschkandidat hat sich über eine weitere Hürde vor der Ernennung geschleppt. Der Präsident lässt seine Vergangenheit nochmal polizeilich überprüfen.

Muss warten: Brett Kavanaugh Foto: ap

Washington dpa | In dem mit äußerster Härte geführten Kampf um die Ernennung des Juristen Brett Kavanaugh zum Richter am höchsten Gericht der USA ermittelt nun die Bundespolizei FBI. Kavanaugh hatte am Freitag ungeachtet öffentlich vorgetragener Missbrauchsvorwürfe mehrerer Frauen eine wichtige Hürde für den Spitzenjob genommen.

Der Justizausschuss des Senats empfahl die Nominierung des 53-Jährigen mit der Mehrheit der republikanischen Senatoren. Am Vortag war es zu einer denkwürdigen Anhörung in dem Ausschuss gekommen, bei der Christine Blasey Ford den Juristen schwer beschuldigte hatte.

Was die auf wenige Tage und im Umfang begrenzten FBI-Ermittlungen bringen können, war zunächst unklar. Allerdings dienen sie möglicherweise dazu, die Reihen der Republikaner für die entscheidende Abstimmung im Senat zu schließen. Senatorin Lisa Murkowski aus Alaska, eine der Wackelkandidatinnen, begrüßte die Idee für befristete Ermittlungen. Angeregt hatte diese ihr Parteikollege Jeff Flake, Präsident Donald Trump setzte sie prompt in Gang. Laut dem Fraktionschef der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, stehen nun alle 51 republikanischen Senatoren hinter der Nominierung Kavanaughs, die jetzt vorangetrieben werde.

Kavanaugh ist mit Vorwürfen konfrontiert, er habe als junger Mann mehrfach Frauen sexuell belästigt und mindestens eine von ihnen vor Jahrzehnten zu vergewaltigen versucht. Er kündigte an, mit den Ermittlern zu kooperieren. Die Vorwürfe selbst weist Kavanaugh jedoch entschieden zurück. Am Donnerstag beteuerte er im Senatsausschuss unter Tränen seine Unschuld und trug in einer kämpferischen, teils wütenden Rede seinerseits Vorwürfe gegen die Opposition vor.

Die im Auftrag der Republikaner als Fragestellerin engagierte Staatsanwältin Rachel Mitchell hatte zuvor laut Medienberichten im Gespräch mit den 51 republikanischen Senatoren erklärt, das vorliegende Beweismaterial würde im Falle einer strafrechtlichen Bewertung nicht für eine Anklage gegen Kavanaugh wegen Sexualdelikten ausreichen.

Sollten die oppositionellen Demokraten im 100 Mitglieder zählenden Senat geschlossen gegen eine Ernennung Kavanaughs stimmen, was als wahrscheinlich gilt, würden zwei Nein-Stimmen der Republikaner reichen, um die Ernennung Kavanaughs zu verhindern.

„Eine sehr anständige Frau“

Trump hatte Kavanaugh im Juli als Richter für den Supreme Court vorgeschlagen. Kurz vor der Senatsentscheidung über die Personalie wurden die Vorwürfe gegen den Richter publik. Mehrere Frauen beschuldigen ihn sexueller Übergriffe Anfang 80er Jahre.

Trump lobte Kavanaughs Performance am Freitag erneut und nannte dessen Auftritt vor dem Senat „unglaublich“. Die Frage, ob er über einen Ersatz für Kavanaugh bei der Supreme-Court-Besetzung nachdenke, verneinte Trump klar. Er lobte zugleich den Auftritt des mutmaßlichen Missbrauchsopfers Christine Blasey Ford und stufte sie als glaubwürdige Zeugin ein. „Sie wirkt auf mich wie eine sehr anständige Frau“, sagte Trump. Mit Blick auf das anstehende weitere Verfahren sagte der Präsident, er habe volles Vertrauen in den Senat.

Mit Blick auf das anstehende weitere Verfahren sagte der Präsident, er habe volles Vertrauen in den Senat.

Die Personalie ist Gegenstand einer erbitterten parteipolitischen Auseinandersetzung. Die Demokraten haben unabhängig von den Missbrauchsvorwürfen große Vorbehalte gegen den erzkonservativen Richter. Falls es ihnen gelingt, Kavanaughs Bestätigung hinauszuzögern, bis sich nach der Zwischenwahl am 6. November möglicherweise die Mehrheitsverhältnisse im Senat ändern, könnten sie Kavanaugh Ernennung vielleicht verhindern.

In den USA ist die Personalie ein großes Politikum – vor allem wegen der für Politik und Gesellschaft der Vereinigten Staaten folgenreichen Grundsatzentscheidungen des Supreme Courts. Die Nachbesetzung mit Kavanaugh könnte dem obersten Gericht auf viele Jahre ein konservatives Übergewicht geben. Die Richter dort werden auf Lebenszeit ernannt.

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4 Kommentare

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  • Die Medien sind im Bezug auf diese Richterernennung nur schwer zu verstehen. Als Obama seinen Kandidaten präsentierte, gab es eine Schutzkampagne, wie sie die Welt noch nicht gesehen hatte. Immer wieder gibt es Kritik an Trump. Doch jetzt, wo Trump mit seinem Lieblingskandidaten dauerhaft Fakten schaffen will, tut die Presse so, als wäre es böser Wille der Demokraten, solch einen netten Mann auf dem Richterstuhl zu verhindern. Trump hat sein Pulver weitgehend verschossen. Auch wenn er sich noch länger auf dem Präsidentenstuhl halten kann, seine größten Erfolge liegen hinter ihm. Anders sieht es mit diesem Richter aus. Vertritt der unsere Ziele? Wird sich Kavanaugh für den Kohleausstieg einsetzen? Wird er der NRA Schranken setzen? Wir sollten für die Demokraten beten, damit dieser Mann nie die Macht bekommt, Entscheidungen zur Verfassung zu beurteilen. Möge dieser Kelch an uns vorüber gehen.

    • @mdarge:

      "Vertritt der unsere Ziele?"

      Nein, und dies ist auch nicht seine Aufgabe.

      "Wir sollten für die Demokraten beten, damit dieser Mann nie die Macht bekommt, Entscheidungen zur Verfassung zu beurteilen."

      Unschuldsvermutung? Schon mal von gehört? Ist ja auch nicht weiter wichtig; basiert doch nur jedes rechtsstaatliche Justizsystem darauf.

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  • "Kavanaugh hatte am Freitag ungeachtet öffentlich vorgetragener Missbrauchsvorwürfe mehrerer Frauen eine wichtige Hürde für den Spitzenjob genommen."

    Er nahm die Hürde im Angesicht lächerlicher Anschuldigungen von einer Frau, die sich weder an das was, an das wo noch an das wie erinnert. Auf einer Party, auf der weder Kavanaugh noch die angeblichen Zeugen je gewesen sind. Von einer Frau, deren Anhörungstermin verschoben wurde, da sie angeblich unter Flugangst leidet; die aber eine ausgewiesene Vielfliegerin ist.

    Dieser Fall macht eines deutlich: Um die bisher tadellose Reputation eines Menschen zu zerstören braucht es nicht mehr als unbewiesene, aber auch unmöglich zu wiederlegende Anschuldigungen. Das ist alles. Zeugen, Beweise, Schuldeingeständnisse sind nicht mehr nötig.

    Willkommen im postfaktischen, mobgesteuerten #metoo Zeitalter.

    • @Der Mann, der unter einen Stein hervorkroch:

      Und wie sich herausstellt: Der Ehemann von Diane Feinstein, demokratische Senatorin, die Frau Ford's erste Aussage 20 Tage lang geheimhielt, ist seit 22 Jahren Vorstandsmitglied an der Palo Alto Universität; jene Universität, an der Frau Ford unterrichtet.

      Welch ein bemerkenswerter Zufall, der mich aber irgendwie überhaupt nicht überrascht.