piwik no script img

Ruder-Volksfest am Kanal

Das „härteste Ruderrennen der Welt“ auf dem Nord-Ostsee-Kanal hat ausnahmsweise nicht der „Deutschland-Achter“ gewonnen. Beim Ruderverband freut man sich trotzdem

Aus Rendsburg Esther Geißlinger

Eigentlich geht es um nichts beim Rendsburger Ruder-Marathon auf dem Nord-Ostsee-Kanal, der für das Spektakel eigens gesperrt wird. Denn die Saison ist gelaufen, der letzte große Test war die Weltmeisterschaft in Bulgarien am 16. September.

Dennoch kommt die Weltelite der Ruderer gern in die Kleinstadt in Schleswig-Holstein – entweder um einer erfolgreichen Saison noch ein Sahnehäubchen aufzusetzen oder um zu beweisen, dass künftig mit ihnen zu rechnen sein wird. „Wir wollen zeigen, dass wir die Besten sind“, hatte der Hamburger Torben Johannesen aus dem Deutschlandachter vor dem Rennen gesagt. Hinterher klang es kleinlauter: „Die Jungs aus den USA waren einfach stärker“, sagte Steuermann Martin Sauer in die Mikrofone.

Dabei war sein Team in gleicher Zusammensetzung wie 2012 vor einer Woche erneut Weltmeister geworden und ist ebenfalls Europameister. Das Kanal-Rennen haben die Deutschen in den vergangenen 18 Jahren 14 Mal gewonnen.

Dass der Sieg in Rendsburg trotzdem kein Selbstgänger ist, hat auch mit der Distanz von 12,7 Kilometern zu tun. Bei Olympia wird nur über 2.000 Meter gestartet. Somit sei der Wettkampf das „härteste Ruderrennen der Welt“, werben die Veranstalter.

Bei klammen Temperaturen und Regenschauern siegte diesmal der US-Achter der Herren gegen die favorisierten Deutschen. Es war ein spannendes Rennen auf der kurvenreichen Wasserstraße. Auf Platz drei landete das Team aus Großbritannien, abgeschlagene Vierte wurden die Niederländer.

Der Cup geht auf die Idee zweier Hobby-Ruderer zurück: Wolfgang Berndt (65) und sein Sohn Florian (35) wollten 2001 die besten Ruderer der Welt nach Rendsburg holen. Das Projekt wurde ein Erfolg – jährlich drängen sich Hunderte BesucherInnen am Ufer. Drachenbootrennen, Sprint- und Jugendwettbewerbe sorgen rund um das Hauptrennen für Stimmung.

An diesem Wochenende hielt sich der Publikumsandrang aufgrund des Wetters in Grenzen. Viele Ruderfans nutzten aber die Chance, auf den Radewegen am Kanal neben den Booten her zu radeln.

Welcher Achter auf welcher Bahn startete, hatten die Teams vorher beim „Ergometer-Wettkampf“ ausgetragen, den die Deutschen gewonnen hatten und deswegen ganz links standen – die beste Lage für die erste Kurve. Alle vier Boote versuchen, sich mit einem Sprintstart voneinander abzusetzen. Mehrere Kilometer lang lagen Briten und Deutsche so eng gleichauf, dass sich die langen Ruder jederzeit hätten touchieren und die Boote zum Kippen bringen können. Während die Niederländer zurückfielen, schob sich das US-Team vor und setzte sich auf der Zielgerade vor die Deutschen. Da half auch kein Versuch mehr, das Team ins Ziel zu jubeln: Der Achter mit den schwarz-rot-goldenen Ruderblättern landete auf Platz zwei.

Kim Koltermann, Sprecher des Ruderverbandes Schleswig Holstein, ist dennoch zufrieden: „Das ist mal ein Termin, bei dem sich der Rudersport auf großer Bühne präsentieren kann.“ Der Verband hat zwar nichts mit der Organisation des Cups zu tun, „aber wir freuen uns sehr darüber, dass es ihn gibt.“ „Sonst nimmt man den Sport eigentlich nur bei Olympia wahr.“

Dabei ist Schleswig-Holstein Ruderland. So liegt das Bundesleistungszentrum in Ratzeburg – das Siegerboot bei den Olympischen Spielen 1960 trat als „Ratzeburger Achter“ an. Zahlreiche erfolgreiche SportlerInnen stammen aus dem Norden. Auch im Freizeitbereich reißen die Schleswig-HolsteinerInnen an den Riemen: Der Landesverband hat 35 Vereine mit 5.500 Mitgliedern. Doch die Zahlen sinken. Ein Grund laut Koltermann: „Das Turbo-Abitur war kein Vorteil für uns.“ Mehr Belastung in der Schule habe dazu geführt, dass weniger Jugendliche mit dem Rudern anfangen. Damit ist ja nun zum Glück bald Schluss.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen