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Tödlicher Ausgang gewiss

Die Neuköllner Oper widmet sich Victor Ullmann und seiner Vertonung von Rilkes Dichtung „Die Weise von Liebe und Tod“

Von Katrin Bettina Müller

Die Neuköllner Oper greift immer wieder Stoffe auf, die auf die Zeit des Nationalsozialismus und die Weltkriege des 20. Jahrhunderts verweisen. Jetzt knüpft sie mit einer Inszenierung an die tragische Geschichte des Komponisten Victor Ullmann an, der 1944 in Auschwitz ermordet wurde. Zuvor war er in das Getto Theresienstadt deportiert worden und hatte dort weiter komponiert und für Aufführungen im Lager gesorgt. Dass dort das Kulturleben der Internierten zugelassen und gefördert wurde, gehörte zu den Propagandamaßnahmen der Nationalsozialisten, die so auch das Ziel der Vernichtung der Juden verschleierten.

Eines der dort von Ullmann geschriebenen Werke war die Vertonung von Rilkes Dichtung „Die Weise von Liebe und Tod“, die jetzt in der Neuköllner Oper in einer Fassung von Malte Giesen und dem Regisseur Fabian Gerhardt neu interpretiert wird.

Der Raum des Studios der Neuköllner Oper ist klein, nah sitzt man an einem hell erleuchteten Würfel, in dem der Pianist Markus Syperek die Tondichtung auf Klavier und Keyboard spielt, Malte Giesen mischt live elektronische Sounds dazu. Die Geschichte des Cornet, eines Vorfahren von Rainer Maria Rilke, der im 17. Jahrhundert in einen Krieg gegen die Türken reitet, wird von dem Schauspieler Dennis Hermann und Hrund Ósk Árnadóttir vorgetragen, einer Sopranistin, die aber nur selten sprachlose, lang gezogene, klagende Töne zwischen die Sätze schickt, ein Ahnen der Angst und des tödlichen Ausgangs. Rilkes Sprache ist noch immer von berührender Kraft, knapp und expressiv. Der gedrängte Raum, in dem die Spieler agieren, verstärkt das Kondensierte der Bilder, die mit wenigen Worten Landschaften und Erinnerungsräume öffnen.

Zur Rezeptionsgeschichte von Rilkes Dichtung gehört, dass sie von vielen deutschen Soldaten im 1. und 2. Weltkrieg gelesen wurde. Die Erzählung ist voll der Trauer um das nicht gelebte Leben des jungen Soldaten. Ullmanns Musik unterstützt ihre Expressivität und Emotionalität. Natürlich beschäftigt einen die Frage, warum er, der von den deutschen Nationalsozialisten als Jude markiert – seine Familie war längst zum Katholizismus konvertiert – und interniert wurde, nach diesem Kultbuch der deutschen Soldaten griff, das den Krieg zwar nicht unbedingt verherrlicht, aber doch jenseits aller politischen Dimensionen ästhetisiert. Auch wenn sich die Frage nicht beantworten lässt, rumort sie doch als Unruhe in jeder Rezeption. Das Schicksal des Komponisten mischt sich mit dem des Soldaten, von dem Rilke erzählt.

Die düsteren elektronischen Sounds, die Malte Giesen wie dunkle Blätter zwischen die Klavierpartien schiebt, und die Bilder aus Theresienstadt heute, die auf den Würfel projiziert werden, sind in der Inszenierung Anzeichen dieser Unruhe und des Versuchs, die Kunst kontextuell zu rahmen. Eine nachvollziehbare, aber nicht ganz überzeugende Geste, vielleicht wäre ein einfaches Erzählen der Geschichte des Komponisten mehr gewesen. Die Filmbilder sind zu wenig, um ein eigenes dokumentarisches Kapitel aufzuschlagen, auf Ullmanns Spuren, obwohl sie das suggerieren.

Man bekommt schon gleich zu Anfang Zitate von Rilke zu lesen, die seine Anfälligkeit für rechte Ideologien offenlegen. Wie warnende Ausrufezeichen steht dies vor der Dichtung, sich ihrer einfühlsamen Kraft nur mit Vorbehalt auszusetzen. Kein leichtes Unterfangen, Rilke noch einmal ins Spiel zu bringen.

Wieder vom 21. bis 23. 9., und im Oktober

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