: Kirche bald Moschee
Die evangelische Kapernaumkirche wird demnächst als Moschee neu eröffnet. Der frühere Gemeindepastor freut sich, dass wieder Leben in das Haus kommt
Diese Kirche war seine „erste große Liebe“, wie er selbst mit einem Lächeln sagt. Als junger Geistlicher hat Wolfgang Weißbach in der evangelischen Kapernaumkirche 1966 seine Premierenpredigt gehalten, danach sieben Jahre lang in der Horner Gemeinde als Pastor gearbeitet. Jetzt kommt der 80-Jährige zurück in sein ehemaliges Gotteshaus, aber eine Kirche ist es nicht mehr. Inzwischen hat es die islamische Al-Nour-Gemeinde gekauft und zu einer Moschee umgebaut. Am Mittwoch, 26. September, soll mit geladenen Gästen die Eröffnung gefeiert werden.
Viel hat sich verändert seit der Zeit, als Pastor Weißbach hier zuletzt einen Gottesdienst feierte. Die Empore ist abgerissen und an der Längsseite komplett neu eingebaut worden. Hier können künftig muslimische Frauen niederknien und in Richtung Mekka beten. Auch Weißbachs Kanzel existiert nicht mehr, dafür steht an anderer Stelle die Kanzel des Imam. Weißbach begrüßt den Umbau sehr, weil jetzt wieder Leben in das Gebetshaus komme.
Denn lebendig war die Kirche schon lange nicht mehr, als die Al-Nour-Gemeinde sie 2012 kaufte. Schon im Jahr 2002 war die Kirche aus Kostengründen entwidmet worden. Ein Investor kaufte das Gebäude, doch seine Nutzungspläne zerschlugen sich. Unter anderem hatte er einen Kindergarten errichten wollen. So verfiel die Kapernaumkirche zusehends, bevor die muslimische Gemeinde auf den Plan trat.
Vor dem Kauf habe er schlaflose Nächte gehabt, sagt Daniel Abdin, Vorsitzender der Al-Nour-Gemeinde. Doch jetzt überwiege bei ihm die Freude, dass es nach fünf Jahren Umbau und Investitionen von fünf Millionen Euro bald losgeht. Nach der offiziellen Eröffnung feiert die muslimische Gemeinde drei Tage später Einzug, und am Mittwoch, 3. Oktober, sind alle Hamburger zu einem Tag der offenen Moschee eingeladen.
Trotz der Eröffnung wird es bis zum ersten Freitagsgebet noch dauern. Ein Abwasserrohr ist gebrochen, der Schaden muss behoben werden, bevor die Gläubigen kommen und nach den Fußwaschungen das Wasser durch die Rohre strömt. Auch die Anfang September an die Moschee geschmierten fremdenfeindlichen Parolen werden gerade beseitigt.
Im Januar soll es endlich losgehen, sagt Abdin. Dann erwartet er jeden Freitag etwa 500 Gläubige aus ganz Hamburg zum Gebet, die sich bislang in einer umgebauten Tiefgarage in St. Georg versammeln. „Die Moschee wird voll sein“, ist er sich sicher.
Neben den Freitagsgebeten planen Abdin und seine Gemeinde schon jetzt weitere Veranstaltungen, etwa eine gemeinsame Reihe für Pastoren und Imame in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Akademie oder monatliche Nachmittage für die Horner Bürger. (dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen