talk of the town
: Die Anti-Söder

Die bayerische SPD sichert sich die Internetadresse zum Wahlspruch der CSU „Söder macht’s“. Ganz nett, aber die Partei bräuchte mehr als nur einen guten Gag

Und täglich grüßt der Söder: Hier beim Reutberger Josefifest im März dieses Jahres Foto: Matthias Balk/dpa

Von Carolina Schwarz

In Bayern blicken wieder haufenweise ernste Gesichter von den Wahlplakaten. Auf einem umringen vier weiße Menschen in Tracht den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder. Darunter steht: „Heimat – unsere bayrische Lebensart erhalten. SÖDER MACHT’S!“ Mit dem Slogan in Großbuchstaben will die CSU bei den Landtagswahlen am 14. Oktober ihre absolute Mehrheit verteidigen.

Ins Neuland wollen sich die Christsozialen mit ihrem Wahlkampf anscheinend nicht wagen. Zumindest hatten sie vergessen, sich die dazugehörige Webdomain, also die Internetadresse, zu sichern. Freundlicherweise hat das die bayerische SPD übernommen, die sich auch die entsprechenden Twitter- und Facebook-Accounts schnappte.

Wer nun auf soeder-machts.de klickt, findet zwar das typisch blau-weiße CSU-Design vor. Der Inhalt klingt dann aber doch anders: „Söder macht’s: ertrinkende Menschen im Mittelmeer als Asyl-Touristen bezeichnen“ oder „Söder macht’s: ein Psychiatriegesetz vorlegen, das psychisch kranke Menschen pauschal kriminalisiert“.

Unter den 10 Punkten „was Söder macht“ finden sich das Gesicht von SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen und ein Text, der überschrieben ist mit „Was Bayern wirklich braucht“. Im Impressum wird das Verwechslungsspiel aufgeklärt. Rainer Glaab, Kampagnenleiter des bayerischen Landesverbandes der SPD, ist Verantwortlicher für die Webseite.

Lustig von der CSU, dass sie noch nicht verstanden zu haben scheint, dass Wahlkampf auch online stattfindet. Und eine ungewohnt freche Idee von der SPD. Doch das alles ist nur ein Gag, der nach hinten losging – reden jetzt doch alle wieder nur über Söder.

Antiwerbung für die CSU scheint eine beliebte Strategie der bayerischen Sozialdemokrat*innen zu sein. So zeigte ihr erstes Wahlplakat im diesjährigen Mai Markus Söder, verkleidet als Shrek aus dem gleichnamigen Kinofilm. Versehen mit dem Spruch „Ach, du Schreck – jetzt regiert er“ und einem Hinweis auf das Polizeiaufgabengesetz, das Psychiatriegesetz und die Kreuz-Pflicht.

Doch anstatt Negativ-Campaigning gegen die CSU zu betreiben, sollte sich die Oppositionspartei darauf konzentrieren, den rechten Themen und Thesen eine wählbare Alternative entgegenzusetzen. Das scheint ihr bisher nicht zu gelingen.

Auf die CSU-Politik hat die SPD nur schwammige Antworten

Den zehn Punkten, warum man die CSU nicht wählen sollte, können sie nur sechs entgegensetzen. Und die bleiben schwammig. Da heißt es beispielsweise: „Zusammenhalt statt Spaltung“ oder „Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik mit Menschlichkeit und Pragmatismus“. Konkreter wird es nicht.

Seit Jahrzehnten tut sich die SPD in Bayern schwer, eine starke Opposition zu bieten. Zwei Monate vor der Wahl können sie die Wähler*innen der Mitte mit ihren Schwerpunktthemen – bezahlbarer Wohnraum, Unterstützung für Familien und Fairness auf dem Arbeitsmarkt – kaum erreichen. Den Wähler*innen fehlt ein guter Grund, warum sie die Sozialdemokrat*innen wählen sollten. Denn, wem die CSU zu rechts wird, der wählt jetzt die Grünen. Die lagen bei der letzten Landtagswahl noch bei knapp 9 Prozent, mittlerweile sind es laut Forsa-Umfragen 15. Die SPD ist auf 12 Prozent abgerutscht.

Mit dem Heimatplakat der CSU wird klar, worum es den Christsozialen geht: Seit Monaten diskutieren sie über Flüchtlinge, Anker-Zentren und Obergrenzen und versuchen damit der AfD die Wahlkampfthemen streitig zu machen. Doch statt Konkurrenz sind sie zum Wahlkampfhelfer der rechtspopulistischen Partei geworden. Söders Partei ist in Umfragen auf 37 Prozent abgerutscht, die AfD, die zum ersten Mal in Bayern kandidiert, hat sich bei knapp 15 Prozent eingependelt.

In Bayern übernimmt also die CSU den Wahlkampf für die AfD und die SPD den für die CSU. Dann fehlt ja jetzt nur noch jemand, der für die SPD um die Wähler*innengunst kämpft.