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Ein bisschen Fame im Altersheim

Peter Tschentscher trifft auf Otto Waalkes

Kommt ein Kasperle ins Altersheim: „Seid ihr alle daaaa?“ – „Jaaa!“ – „Aber nicht mehr lange!“. Ottos alter Witz wird für ihn und Hamburgs Ersten Bürgermeister Peter Tschen­tscher zur Realität, sie gehen ins Altersheim. Genauer: Sie besuchen die Eröffnungsfeier des Projekts für integratives Wohnen im Alter, im Hartwig-Hesse-Quartier in St. Georg. Otto Waalkes werden die Menschen dort vermutlich erkennen, er ist in den Medien omnipräsent, was man von Hamburgs Bürgermeister Tschen­tscher nicht behaupten kann.

Gut möglich, dass das Hartwig-Hesse-Quartier deshalb nach der Zusage Tschentschers etwas verzweifelt an den Türen von Ottos Management geklopft hat. Anders ist dieses ungewöhnliche Zusammentreffen wohl nicht zu erklären.

Bisher sind die Hamburger noch nicht ganz warm mit Tschentscher geworden, obwohl er immerhin über vier Monate im Amt ist. In einer repräsentativen Umfrage des Trendbarometers von RTL/n-tv sind derzeit 44 Prozent der Hamburger mit der Arbeit des Bürgermeisters zufrieden. 28 Prozent sind es nicht und 28 Prozent geben gar keine Note ab. Der Verdacht liegt nahe, dass sie überhaupt nicht wissen, wer Peter Tschen­tscher ist.

Otto kann einfach mit Menschen, Tschentscher hat da scheinbar seine Probleme. Und im Gegensatz zu dem blödelnden Ostfriesen, bleibt der promovierte Mediziner eher unscheinbar, um es freundlich zu formulieren. Bisher sucht man Äußerungen von Tschentscher über wichtige politische Themen vergebens. Oder seine Positionen gehen irgendwie unter. Die Hamburger Opposition wirft Tschentscher vor, seine Positionen nicht mit genügend Nachdruck an die Öffentlichkeit zu tragen.

Der 52-jährige Peter Tschen­tscher ist auch unerwartet ans Amt des Ersten Bürgermeisters gekommen. Er war die dritte Wahl, nachdem Sozialsenatorin Melanie Leonhard und Finanzsenator Andreas Dressel überraschend abgesprungen waren. Tschentschers politische Gegner ergötzen sich derweil an den schwachen Umfragewerten des Ersten Bürgermeisters und können es kaum erwarten, ihn bei der Wahl im Februar 2020 wieder zurück auf die hintere Bank des Senats zu katapultieren.

Am kommenden Mittwoch darf sich Tschentscher erst mal im Fame von Otto Waalkes sonnen. Vielleicht kann er sich von der lockeren Art des Komikers was abgucken. Das Witzereißen sollte Tschentscher aber besser Otto überlassen. Yasemin Fusco

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