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Andreas Speit Der rechte RandWie die Wehrmacht Kommunalpolitiker straucheln lässt

Am Donnerstagabend ist Schluss. Auf der Ratssitzung der Stadt Lüneburg will der ehrenamtliche Bürgermeister Gerhard Scharf sein Amt niederlegen. „Ich werde mich dann freier fühlen“, sagte das CDU-Kommunal-Urgestein zur taz. In der Sitzung will der 79-Jährige eine Erklärung zu seinem Rücktritt verlesen. Seine Parteikollegin Christel John soll den Posten übernehmen.

Seit Monaten steht Scharf wegen geschichtspolitischer Äußerungen in der Kritik. Am 1. Februar war die Linke mit einen Antrag auf Abwahl des Bürgermeisters gescheitert. Die Sitzung hatte die Stadtverwaltung damals in eine Schulaula verlegt. Vor über 200 Menschen im Saal und weiteren 100 vor der Tür räumte Scharf ein: „Ich hätte den Andeutungen, die eindeutig aus der rechten Ecke kamen, unmissverständlich und vehement widersprechen müssen.“ Stattdessen hatte er sich in einen Video des rechten Bloggers Nikolai Nerling mehr als unglücklich über die Wehrmacht ausgelassen. Seine Aussagen, verharmlosten die Verbrechen der Wehrmacht, erklärten Wissenschaftler der Leuphana-Universität Lüneburg.

Unter dem Titel „Auf der Pirsch in Lüneburg – ein Bürgermeister spricht Klartext“ hatte Nerling, der gegen seine Kündigung als Berliner Grundschullehrer klagt, ein Video von einer Begegnung mit Scharf auf seinen Youtube-Kanal „Der Volkslehrer“ gestellt. Darin verwickelt der gebürtige Lüneburger Nerling Scharf in einen Dialog am Gedenkstein für die 110. Infanterie-Division, die in Weißrussland an Kriegsverbrechen beteiligt war. Scharf bekundet, es gehe ihm nicht darum, Schandtaten aufzurechnen, sondern um „die Versöhnung“, was „die Linken“ aber nicht verstehen würden.

Beim Treffen vor einem Jahr mit sechs Weißrussinnen, die als Waisenkinder das Konzentrationslager Ozarichi überlebt hatten, hätten deren Begleiter nichts von Versöhnung hören wollen, mokiert sich Scharf. Nerling hakt nach: „Die Linken“ hätten das nicht hören wollen? „Natürlich nicht“, redet Scharf sich in Rage. „Für die sind alle deutschen Soldaten Faschisten und Verbrecher.“ „Die Linken“ hätten die Geschichtsdeutung gepachtet, behauptet der Blogger. Scharf bestätigt: „Richtig! Und dann wollen die mir noch was von Demokratie erzählen. Da geht einem das Messer in der Tasche auf.“ Auch die „historische Wahrheit“, dass nicht alle „Fremdarbeiter“ schlimm behandelt worden seien, wollten „die Linken“ nicht hören. Nerling darauf: „Das ist antideutsche Propaganda.“ Scharf stimmt zu: „Natürlich.“

Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.

Im Video huscht Scharf nur kurz durchs Bild. Er hatte Nerling gebeten, ihn nicht zu filmen. Doch am Ende sagt er: „Was ich gesagt habe, dürfen sie verwerten.“

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