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„Getötet wie einen Hund“

Hinterbliebene trauern um die Opfer der Armeegewalt gegen oppositionelle Demonstranten in Harare

„Meine Familie hat für dieses Land gekämpft und sie haben meinen Bruder getötet wie einen Hund!“ erregt sich Jinty Rubenstein. „Zweimal schossen sie auf ihn, von hinten. Er war unbewaffnet.“

Jinty Rubensteins Bruder Galvin Charles gehört zu den sechs Toten vom Mittwoch, als Soldaten im Zentrum von Simbabwes Hauptstadt Harare auf Oppositionsdemonstranten das Feuer eröffneten. Galvin Charles wurde am Arm und im Bauch getroffen. Der junge Mann – arbeitslos wie fast alle jungen Leute in Simbabwe – hinterlässt eine 13-jährige Tochter. Seine Schwester sitzt weinend im Familienhaus in Harare. „Es macht einem Angst, dass sie scharf schießen“, sagt sie. „Tränengas kann ich verstehen, Wasserwerfer auch, aber scharfe Munition?“

Ein anderer der sechs Toten ist Ishmail Kumire, Straßenverkäufer von Obst und Gemüse. Seine vier Kinder weinen, als sie auf der Beerdigung in Chinamhora, einem Dorf 45 Kilometer von Harare, den Leichnam in einem mit Plastikblumen geschmückten Sarg sehen.

„Ishmail war Händler, kein Aktivist“, sagt sein Bruder Steven Matope und verweist auf eine bittere Ironie: „Er unterstützte die Regierungspartei. Jetzt hat die Partei ihn getötet.“ Douglas Kumire, ein anderer seiner Brüder, ist wütend. „Dieselben Soldaten, die Mugabe gestürzt haben und denen wir zujubelten, werden jetzt geschickt, um die Leute zu töten, nachdem wir gewählt haben.“

Ishmails Schwager Ignatious Neshava hat alles gesehen. Die Straßenhändler versuchten, ihre Ware – immerhin rund 700 US-Dollar wert – vor Plünderung zu schützen, als die Soldaten auf die Demonstranten losgingen. „Er war fünf Meter von mir entfernt“, erzählt Ignatious von Ishmails Tod. „Plötzlich hörte ich Schüsse. Ich dachte an Gummigeschosse. Als ich mich umdrehte, lag Ishmail am Boden, auf dem Bauch. Ich versuchte, ihn umzudrehen, und ein Soldat kam und hielt mir sein Gewehr an die Schläfe.“

Etwa 200 Menschen sind zu der Trauerfeier gekommen. Dorfchef Backshow Matope war auch in Harare am Mittwoch. „Ich sah, wie eine Frau erschossen wurde“, erzählt er. „Es ist schlimm, dass das direkt nach der Wahl geschieht. Wozu wählen gehen, wenn man hinterher deine Leute umbringt?“ (afp)

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