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Zu wenig Flüchtlingskinder inKitas

Die Linke kritisiert: Nur jedes dritte Kind aus einer Flüchtlingsunterkunft besucht eine Kindertagesstätte

„Kinderbetreuung außerhalb der Familie ist in vielen Ländern der Welt unüblich“

Marcel Schweitzer, Sozialbehörde

Von Kaija Kutter

Als „wenig ambitioniert“ kritisiert die Linke Hamburgs Bemühungen, Flüchtlingskinder in eine Kita zu integrieren. Wie eine Anfrage der Fraktion ergab, lebten zum Ende des ersten Quartals 2018 immer noch 4.721 Kinder unter sieben Jahren aus Flüchtlingsfamilien in einer Erstaufnahme oder Folgeeinrichtung. Nur etwa jedes dritte Kind – exakt 1.701 – besuchte eine Kita.

Die Linke und auch CDU hatten diese Daten schon früher abgefragt. Die Quote hat sich demnach kaum verändert. So waren im September 2016 1.140 der damals 4.950 Unterkunftskinder in einer Kita, zum Ende November 2017 waren es 1.640. Seither kamen nur 60 hinzu. Die übrigen Kinder werden vorwiegend von mobilen Spielangeboten betreut. „Diese Kinder stehen also im Stau“, sagt Linken-Fraktionschefin Sabine Boeddinghaus. „Die Integration der Familien und ihrer Kinder wird so nicht erreicht.“

Aus Sicht der Sozialbehörde betreibt die Linke Schwarzmalerei. Es sei falsch, von „nur“ zu sprechen, die Zahl sei „ein großer Erfolg“, sagt Sprecher Marcel Schweitzer. „Die Linke lässt völlig außen vor, dass Kinderbetreuung außerhalb der Familie in vielen Ländern der Welt unüblich ist.“ Hinzu käme, dass die Familie aus repressiven Regimen kämen. „Ihr Vertrauen in staatliche Institutionen ist also erschüttert.“ Deshalb arbeite man „modular“ und versuche mit offenen Angeboten die Familien an das Kita-Angebot heranzuführen. Das Ziel des Senats sei, mehr Kinder in Kitas zu bekommen. „Wir haben in unserem Integrationskonzept übrigens eindeutige Zielzahlen definiert.“

Doch eben die sind aus Sicht der Linken zu mickrig. Für 2018 plant der Senat als Zielzahl 1.800. Für 2019/2020 steht diese Zahl noch nicht mal fest, obwohl gerade der Haushalt beraten wird. „Wir finden, dass die Integration schneller gehen muss“, sagt der Kita-Politiker Mehmet Yildiz (Die Linke).

Ein Problem sei zudem, dass die Flüchtlingskinder sich auf wenige Kitas konzentrieren. So betreuen zwölf Einrichtungen mehr als 20 Flüchtlingskinder, während die meisten Kitas kein einziges haben. Yildiz: „So sind die Kinder bald unter sich.“ Wie er aus Gesprächen mit Eltern wisse, bekämen diese oft drei, vier Absagen, bevor sie einen Platz finden.

Die Linke plant nun einen Antrag mit höheren Zielzahlen und Maßnahmen für schnelleres Ankommen in Kitas. Unter anderem sollen die Kinder die auch bei Kita-Trägern beliebteren Ganztagsgutscheine bekommen.

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