: Hauptsache, EU-Grenzen dicht
Die EU-Innenminister wollen die Union weiter abriegeln – etwa mit Verstärkung für Frontex
Von Eva Oer
Die EU-InnenministerInnen haben am Donnerstag im österreichischen Innsbruck bekräftigt, vor allem auf den Schutz der europäischen Außengrenzen zu setzen. Österreichs Innenminister Herbert Kickl betonte nach den Gesprächen mit seinen AmtskollegInnen, dass es einen „breiten Konsens“ für stärkeren Grenzschutz unter den Mitgliedsländern gebe.
So solle die EU-Grenzschutzagentur Frontex mit einem entsprechenden Mandat und einem höheren Budget ausgestattet werden, sagte Kickl. Auch sprach er Maßnahmen in Ursprungs- und Transitländern an: Hier müsse es ein Anreiz- und Sanktionssystem geben, damit sich kein Staat weigere, eigene BürgerInnen zurückzunehmen.
Außerdem kam er auf die bereits beim EU-Gipfel im Juni vorgeschlagenen „Ausschiffungsplattformen“ zurück – eine Art Auffanglager in Nordafrika, in die auf dem Mittelmeer aufgegriffene Flüchtlinge gebracht werden sollen. Als mögliche Standorte für solche oder ähnliche Flüchtlingslager außerhalb der EU wurden in den vergangenen Wochen nordafrikanische Länder oder auch Albanien sowie Mazedonien genannt.
Doch bisher will keines der anvisierten Länder ein derartiges Asylzentrum auf seinem Staatsgebiet haben. „Man kann uns, den Balkan, nicht nutzen, um Flüchtlinge abzuwehren“, betonte am Donnerstag der mazedonische Außenminister Nikola Dimitrov in der Welt. Kickl aber stört dieses Argument nicht: Unter den EU-Staaten gebe es dafür eine große Zustimmung, sagte der Österreicher am Donnerstag
„Wir sind nicht länger in der Migrationskrise“, betonte bei der gemeinsamen Pressekonferenz EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos und verwies auf die gesunkenen Zahlen – aber nur, um daraus abzuleiten, dass das Tun der EU Erfolge zeige und nun noch mehr Schutz der Außengrenzen notwendig sei. „Wir werden eine europäische Grenzpolizei vorschlagen“, kündigte er an. 10.000 Polizisten solle diese bis zum Jahr 2020 umfassen. Außerdem sei ein besseres und reformiertes Asylsystem notwendig, sagte Avramopoulos.
An der Notwendigkeit einer Reform des EU-Asylrechts zweifelt wohl keines der EU-Länder. Doch daran reiben sich die Mitgliedsstaaten schon jahrelang auf, bisher ohne irgendein zufriedenstellendes Ergebnis. Besonderer Streitpunkt ist das Dublin-System, das die Registrierung von Flüchtlingen in dem Land vorschreibt, wo sie erstmals EU-Boden betreten.
Deutschlands Innenminister Horst Seehofer (CSU) will Asylbewerbern, die aus einem anderen EU-Land nach Deutschland weitergereist sind, in Ankunftsländer wie Italien oder im Zweifelsfall ins Transitland Österreich zurückweisen. Dazu will er bilaterale Abmachungen schließen. Das jedoch gestaltet sich schwierig: Italiens Regierung aus Fünf-Sterne-Bewegung und der rechtsradikalen Lega setzen auf eine scharfe Flüchtlingsabwehr. Zuletzt hatte der rechte Innenminister Matteo Salvini sogar verkündet, nun neben NGO-Schiffen auch Schiffe internationaler Missionen abzuweisen, wenn sie Flüchtlinge und Migranten an Bord haben. Nach einem Treffen mit seinem österreichischen und italienischen Amtskollegen am Donnerstagmorgen zeigte sich Seehofer trotzdem vorsichtig optimistisch, mit den beiden Ländern zu einem Abkommen zu gelangen – alle drei eint zumindest, dass sie unbedingt alle EU-Außengrenzen abriegeln wollen.
Laut Österreichs Innenminister Herbert Kickl von der rechtspopulistischen FPÖ wollen sich Beamte aller drei Länder am 19. Juli in Wien über Fachfragen austauschen. Aus der „Kooperation der Willigen“ solle eine „Kooperation der Tätigen“ werden, sagte Kickl.
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