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Sauberkeit fehlt Offensive

Vor einem Jahr versprach der rot-grüne Senat einen neuen Sauberkeitsstandard für Hamburg. In der Umsetzung tun sich jedoch noch Lücken auf, zumindest aus Bürgersicht

Von Gernot Knödler

Anjes Tjarks, der Vorsitzende der Grünen Bürgerschaftsfraktion ist ganz aus dem Häuschen: „Unser Hamburg ist so sauber wie lange nicht!“, jubelte er per Presseerklärung. Das ergebe sich aus der Antwort der Stadtreinigung auf eine Kleine Anfrage der Grünen zu „einem halben Jahr Hamburger Sauberkeit­offensive“. Was sich daraus vor allem ergibt, ist der erhöhte Aufwand, den die Stadtreinigung betreibt. Die – zugegebenermaßen subjektiv erlebte Praxis – lässt noch zu wünschen übrig.

Die von Rot-Grün ausgeheckte und vom grünen Umweltsenator Jens Kerstan vorangetriebene Idee der Sauberkeits­offensive hatte für Debatten gesorgt, weil der Senat einen großen Teil der Kosten – 27 Millionen Euro – von den Grundeigentümern, also letztlich den Mietern begleichen lassen wollte. Ob des öffentlichen Unmuts und der guten Finanzlage beschloss der Senat Ende letzten Jahres, das Geld doch lieber aus dem Haushaltstopf zu nehmen.

Der Erfolg der Offensive ist schlecht zu messen und so spielen Regierung und Opposition mit den Zahlen. Das tut die CDU, indem sie nörgelt, magere 100 Verwarnungen pro Monat durch die neu angestellten Waste Watcher seien ein „Tropfen auf dem heißen Stein“. Im gleich großen Wien würden fast zehnmal so viele Verwarnungen ausgesprochen. Nach den Zahlen auf der Website Wiens sind es allenfalls sechsmal so viele. Außerdem unterschlägt die CDU, dass die Waste Watcher zudem Bußgelder verhängt haben.

Aber auch die Grünen operieren mit selektiven Zahlen: Von mehr als 15.000 gemeldeten Verschmutzungen seien mehr als 80 Prozent binnen drei Tagen beseitigt worden. Der Erfolg dabei ist, dass der weitaus größte Teil davon über die neu angebotene Sauber-App gemeldet wurde. Allerdings haben Bürger insgesamt weitaus mehr – fast 23.000 – Verschmutzungen gemeldet. Knapp 7.000 Meldungen beträfen „die Zuständigkeit Dritter“, teilte die Stadtreinigung mit.

In der Praxis sieht das so aus: Mail an die Stadtreinigung: In der Hofdurchfahrt sammelt sich Müll neben den Tonnen. Antwort: Für Müll auf dem Grundstück ist die Stadtreinigung nicht zuständig. Das ist Sache des Grundstückseigentümers. Oder das Ergebnis des folgendem Anrufs: In dem Container mit Bodenaushub auf der Straße haben Leute begonnen, Renovierungs- und allerlei Hausmüll zu entsorgen. Antwort: Das ist Sache der Baufirma. Der Müll bleibt erst mal liegen.

Schließlich ließe sich auch in puncto Mitarbeitermotivation noch etwas tun. Direkte Ansprache eines Pause machenden Müllwerkers: Da oben am Straßenrand liegt noch ein lila Müllsack, offen, der Müll quillt schon heraus. Subtext: Den haben Sie offenbar übersehen.

Antwort: Wir fahren die Strecke nicht zweimal ab.

– Aber es sind nur 50 Meter die Straße rauf.

Die Sauberkeitsoffensive

Rund 440 zusätzliche Mitarbeiter hat die Stadtreinigung eingestellt, um mit Beginn dieses Jahres die Sauberkeit im öffentlichen Raum zu verbessern.

Die Fahrbahnen, das Grün am Straßenrand und andere Nebenflächen werden häufiger und gründlicher gereinigt. Zudem werden 200 Kilometer Veloroute einmal pro Woche gekehrt.

In gut 15.800 Fällen, in denen die Stadtreinigung auch zuständig war, haben sich Bürger per Hotline gemeldet, davon gut 13.400-mal mit der neuen Sauber-App.

In knapp 6.900 weiteren Fällen war die Stadtreinigung nicht zuständig.

Illegal abgestellte Müllsäcke fand die Stadtreinigung knapp 2.500-mal, illegalen Sperrmüll gut 3.700-mal. Sie ermittelte knapp 900 Verursacher, verhängte 590 Verwarngelder und erteilte 254 Bußgeldbescheide.

Die Zahl der Papierkörbe in Grünanlagen soll um 1.000 gesteigert werden.

– Offene Müllsäcke dürfen wir gar nicht anfassen.

– Und wie kommt der Müll dann weg?

Der Sack bleibt liegen. Vielleicht sieht ihn das nächste Team. Oder ein Spezialkommando für offene Müllsäcke.

Mit der App könnten Bürger Verschmutzungen im öffentlichen Raum einfach und präzise melden, schreibt die Stadtreinigung in ihrer Antwort. „Kurzfristig entstehende wilde Müllablagerungen können so schnell beseitigt werden“. Die Erledigung der Aufgaben durch Dritte werde überwacht und bei Bedarf von der Stadtreinigung beseitigt. Das stimmt. Bisher ist noch immer alles weggekommen.

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