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Johannes Kopp Russia TodayWM-Privatunterkunft: ein enge Wohnung und eine ganz weite Herzlichkeit

Foto: Regentaucher

Ohne mich wäre die Weltmeisterschaft an dieser Wohnung im Erdgeschoss eines Hochhauses im Nordosten Moskaus vermutlich völlig vorbeigegangen. Mit Fußball können Natalia und Dima, meine Vermieter, nichts anfangen. Das globale Großereignis, das da sozusagen vor ihrer Haustür gelandet ist, nehmen sie nicht wirklich ernst.

Weil sie mir aber zeigen wollen, dass sie mich und meine Arbeit ernst nehmen, fragen sie ab und an doch mal nach, wie denn Deutschland oder Russland eigentlich gespielt habe. Eine freundliche Geste, die mich anrührt. Die Spielergebnisse haben sie vermutlich längst wieder vergessen. In ihrem Freundeskreis scheint dieses Event auch keine große Rolle zu spielen.

Es ist ein idealer Rückzugsort. Das deutsche Nationalteam mag sich außerhalb von Moskau in Watutinki vor den irrationalen schrillen Aufgeregtheiten des Fußballs verschanzen, ich habe hier bei Natalia und Dima meine sichere Burg. Fernab der extra für die WM aufgehübschten Kulissen und der vielen Volunteers, die mir rund um die Stadien mit ihren riesigen Schaumstoffhänden so beharrlich einen Handschlag und gute Laune abnötigen sollen, fühle ich mich bei meinen Vermietern ganz ungezwungen wohl.

Ein wenig hatten Natalia und Dima anfangs Sorge, ihre enge Wohnung könne mir missfallen, weil ich aus Deutschland anderes gewohnt sei. Im Bad gibt es nur eine kleine Wanne und eine Waschmaschine. Weder hier noch auf der Toilette hat ein Waschbecken Platz.

Dafür gibt es ja die Küche, in der ich längs zwei Schritte und quer einen Schritt machen kann und wo knapp unter der Decke drei, meist voll behangene Wäscheleinen gespannt sind. Zugleich ist die Küche auch Esszimmer. Anfangs habe ich hier unter der Unterwäsche von Natalia und Dima gespeist. Am Montag war es umgekehrt.

Es ist – wie soll es auch anders gehen – zu einer Selbstverständlichkeit geworden, und das bringt einander näher. Den 20-minütigen Fußweg zur Metro sind die beiden mit mir schon am ersten Tag abgelaufen. Und ihre anfänglichen Sorgen sind längst vergessen. Zum Essen haben sie mich schon mehrere Male in die Küche gebeten. Wenn ich dankend ablehne, weil ich schon gegessen habe, ist niemand beleidigt. Und wenn ich viel husten muss, klopft es vorsichtig an die Tür. Gerade stünde in der Küche ein heißer Tee mit Zitrone, wird mir mitgeteilt.

Ich kann es nur kitschig formulieren: So eng wie die Wohnung ist, so weit ist die Herzlichkeit von Natalia und Dima. Es ist ein Stück russische Realität, das mir viel wert ist. Die Rückkehr aus Sotschi nach Moskau kürzlich fühlte sich ein wenig an, wie nach Hause zu kommen. Ich sollte demnächst mal Blumen mitbringen.

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