: „Lebenslänglich“ für 18-Jährigen
Für den Raubmord an einer Frau im Tiergarten bekommt der Angeklagte die Höchststrafe
Zu jedem Verhandlungstag ist der Witwer ins Berliner Landgericht gekommen. Um zu verstehen, was mit seiner Frau passiert ist. Doch der wegen Mordes Angeklagte hat geschwiegen. Am Montag hat das Landgericht den 18-Jährigen zu lebenslanger Haft verurteilt. „Ich habe in all den Wochen keine Gefühlsregung bei ihm gesehen“, sagt der hinterbliebene Mann.
Knapp zehn Monate nach der Tat steht für das Gericht fest: Es war ein Mord aus Habgier, Heimtücke und zur Ermöglichung einer anderen Straftat. Der Mann hatte die arglose 60-Jährige im September 2017 auf ihrem Heimweg im Tiergarten nach einem Treffen mit Freundinnen angegriffen, erdrosselt und ausgeraubt. Mit Kleingeld und dem Handy der toten Frau in der Tasche floh er. Das Gericht wandte nicht das mildere Jugendstrafrecht an.
Für Richter Ralf Vogl ist klar: „Er drückte mit absolutem Vernichtungswillen zu“, er habe Beute machen wollen. Die Frau habe gegen den großen, kräftigen Mann keine Chance gehabt. Er habe den Hals der arglosen Kunsthistorikerin von hinten umschlossen, sie habe sich gewehrt. Laut Urteil hatte der bereits wegen einer Raubserie Verurteilte sein Opfer willkürlich gewählt. Es könne nur ein Raubmord gewesen sein, heißt es in dem Urteil. Denn die Frau habe keine Feinde gehabt. Sie sei allseits beliebt gewesen, so der Richter. Eine der Freundinnen, mit denen sich die 60-Jährige in der Gaststätte Schleusenkrug getroffen hatte, sagte im Prozess als Zeugin: „Sie war ein wunderbarer Mensch, wir vermissen sie so.“
Der Angeklagte hat im Prozess nichts gesagt, er saß reglos da. Der 18-Jährige – ein russischer Staatsangehöriger – hatte keine Wohnung und sollte eigentlich abgeschoben werden. Die Ausländerbehörde hatte im November 2015 angeordnet, ihn nach Verbüßung der Strafe Ende 2016 auszuweisen. Es habe dann eine Zusage der russischen Seite gefehlt, den Minderjährigen unterzubringen, hieß es später. Der Mord hatte eine erneute Debatte über den Umgang mit ausländischen Kriminellen ausgelöst.
Antisoziales Verhalten
Aus acht sozialen Einrichtungen war der Täter in Deutschland rausgeworfen worden. Im Urteil wird ihm „antisoziales Verhalten“ bescheinigt, Hilfsangebote habe er abgelehnt. Vertreter der Jugendhilfe hatten ihn als empathielos ohne Integrationsbemühungen und ohne jegliche Schuldgefühle charakterisiert.
In einer früheren Stellungnahme hatte der Angeklagte den Mordvorwurf bestritten. Er habe die Leiche gefunden und nach Wertsachen durchsucht, hatte er behauptet. Aus Angst, mit der Toten in Verbindung gebracht zu werden, habe er Berlin verlassen. Die Ermittler hatten DNA-Spuren des 18-Jährigen auf der Leiche sichergestellt. Dennoch hatte seine Verteidigung auf Freispruch plädiert.
Der Mörder war eine Woche nach dem Verbrechen in Polen festgenommen worden. Er war dort über das Handy seines Opfers geortet worden. In Zusammenarbeit mit polnischen Behörden wurde der Mann in der Nähe von Warschau festgenommen und dann an Deutschland ausgeliefert.
Wiederholt hat der Witwer den Behörden Fahrlässigkeit vorgeworfen. Der vorbestrafte Angeklagte sei unbehelligt in Berlin unterwegs gewesen. Nach dem Urteil sagt er, es sei im Rahmen des juristisch Möglichen. (dpa)
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