: Wo Schönheit sich auszahlt
Wer sich im Bereich Mode beruflich entfalten möchte, findet in Berlin viele Möglichkeiten. Nicht nur die Ausbildungsangebote, auch die Karrierechancen sind gut: Mittlerweile finden immer mehr Absolventen der hiesigen Modeschulen hier Arbeit – oder schaffen Jobs
Von Alina Schwermer
Gina Kafert war eigentlich nie großer Fan von Hüten. „Ich war gar nicht so sehr darauf aus, Hutmacherin zu werden“, erzählt sie. Irgendwas Handwerkliches wollte sie machen, dachte an eine Lehre zur Schneiderin, weil sie schon lange gerne näht. „Aber Hutmacherin hat mir gefallen, weil es so außergewöhnlich und anders ist.“ Kafert macht heute eine duale Ausbildung zur Modistin, also Herstellerin von Kopfbedeckungen. Ein altes Handwerk, und eines, von dem es schien, dass es ganz verschwinden würde. Es gibt deutschlandweit nur wenige Orte für die Ausbildung, unter anderem das Oberstufenzentrum für Bekleidung und Mode in Berlin. Aber weiterhin Nachwuchs.
Außergewöhnliche Wege
Das klassische Studium von Fashion Design oder Mode Design ist nur ein Weg in die Modebranche. Es geht eben auch außergewöhnlicher. Drei Jahre dauert die Ausbildung zur Modistin: Zwei Tage in der Woche ist Kafert an der Berufsschule, die restliche Zeit im Laden, dem Salon Hüte & Accessoires von Susanne Gaebel in Berlin. Als Abschlussprüfung wird sie innerhalb von drei Tagen drei Hüte erstellen müssen. Viel Geschick, Kreativität, guter Umgang mit Menschen sind gefragt. Nur die Berufsaussichten bleiben schwierig. „Früher gab es am Theater Hutmacher, aber das werden immer weniger. Manche nutzen die Ausbildung als ersten Schritt in die Modeindustrie. Sie studieren dann noch Modedesign oder Kostümbildner drauf.“
Mindestens neun Modeschulen hat Berlin. Angelika Grammozi ist Standortmanagerin der Akademie Mode & Design (AMD). Sie betont, man fordere von den Bewerber*innen keine konkreten Fähigkeiten. „Man braucht natürlich Talent“, sagt sie. „Im Auswahlverfahren muss die Leidenschaft erkennbar sein.“ Die AMD ist eine private Hochschule, die unter anderem einen Bachelor in Mode Design anbietet. Zur Bewerbung erstellen die Interessenten auch eine Kreativmappe; die AMD bietet vorab Mappenkurse an. Ansonsten empfiehlt Grammozi vor allem Praxiserfahrung. „Es hilft, wenn man Skizzen präsentieren kann und wenn man eine Vorstellung von Mode hat. Es hilft, ein Schülerpraktikum im Atelier zu machen. Oder einmal auf der Fashion Week zu schnuppern.“
Und manche Bewerber*innen haben Vorbildung. Etwa: als Schneider*in. Volkmar Arnulf ist selbstständiger Maßschneider, Obermeister der Maßschneidergilde und war elf Jahre lang Gastprofessor für Bekleidungsgestaltung an der Hochschule der Künste in Berlin. „Die Hochschulen, die Modedesign anbieten, sehen es sehr gern, wenn man schon einer Schneiderlehre hinter sich hat“, sagt er. „Damit man weiß, worüber man spricht, und einen Blick für Kleidung hat.“ Die Hoffnungen der Studierenden auf kreative Jobs würden allerdings oft von der Realität eingeholt. „Viele sind Zweckdesigner. Die landen in einer Firma, um zu funktionieren. Mit dem eigentlichen Gestalten hat das wenig zu tun.“
Auch ans Theater kann man als Schneider*in gehen. Das funktioniert völlig anders als Maßschneiderei, weil es weniger um Qualität und Langlebigkeit als vielmehr um Optik geht. Der Schneiderberuf ist vielfältig. „Man muss sehr bewegliche Hände und einen Blick fürs Optische haben“, so Arnulf. „Und man muss sofort erspüren: Wer steht da vor mir? Wie bringe ich die Persönlichkeit des Kunden zum Ausdruck?“ Auch heute noch gebe es mehr Interessenten als Ausbildungsstellen; und zunehmend auch Männer, die eine Ausbildung zum Schneider machen. Die Konkurrenz aus dem Ausland allerdings macht den Maßschneidern zu schaffen. „Das riesige finanzielle Gefälle hat unser Handwerk klein gemacht.“ Arnulf führt sein Handwerk trotzdem weiterhin selbstständig fort. Und hofft und arbeitet daran, dass es überlebt.
Informationen zur AMD und zum Bewerbungsverfahren gibt es unter www.amdnet.de
Der Hutsalon Susanne Gäbel nimmt gern LangzeitpraktikantInnen und Auszubildende. Anfragen an:
susanne.gaebel@hut-salon.de
Beratung zur Ausbildung in handwerklichen Berufen, zu denen auch Schneider*innen und Modist*innen gehören, gibt es bei der Handwerkskammer: www.hwk-berlin.de/ausbildung
Eine Übersicht über Studiengänge Mode und Design gibt es zum Beispiel unter www.mode-studieren.de
Berlin, die aufstrebende Modestadt, bietet vielfältigere Chancen als die meisten deutschen Städte. „Berlin ist ganz sicher die deutsche Modehauptstadt“, so Grammozi, „und spielt auch international eine Rolle. Nicht wie die Haute-Couture-Stadt Paris, nicht wie die traditionelle Modestadt London; aber durch Digitalisierung, Technologie und Nachhaltigkeit hat man ein eigenes Profil aufgebaut.“ Und: „Früher haben die Designer in Berlin studiert und sind dann in die weite Welt hinaus. Heute bleiben sie hier.“
Von den Absolventen der AMD, so die Standortmanagerin, gründen jedes Jahr einige direkt ein eigenes Label. Das sei allerdings riskant: „Wir empfehlen, erst mal Assistenz in Designbüros zu machen und noch mehr Fähigkeiten zu erwerben“, so Grammozi. „Manche Absolventen gehen auch in den Stylistenberuf oder in die Requisite.“ Die Vermittlungsquote sei sehr hoch.
Neben der AMD gibt es für Interessenten an Modedesign oder Modemarketing in Berlin zahlreiche andere Optionen: Das Fashion Design Institute, das Atelier Chardon Savard, das Oberstufenzentrum Bekleidung und Mode, die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW), um nur einige zu nennen. Die angehende Hutmacherin Gina Kafert hat sich noch nicht entschieden, ob sie im Anschluss studieren will. Sich selbstständig machen als Hutmacherin sei „immer ein Risiko“, sagt sie. Ihr früherer Berufstraum war es, Maskenbildnerin zu werden. Im Moment genießt sie noch die Vielfalt als angehende Modistin. „Ich finde es so cool, dass man mit so vielen verschiedenen Materialien arbeitet. Die Arbeit ist jedes Mal anders.“
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