„Deutschland ist Heimat der vielen, nicht der Völkischen“

Ihretwegen nahm Horst Seehofer nicht am Integrationsgipfel teil. Nun verteidigt Ferda Ataman ihre Kritik am Innenminister

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Ferda Ataman

38, ist Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Sie hat den Mediendienst Integration mitgegründet und ist Sprecherin der Neuen Deutschen Organisationen, in denen sich Menschen aus Einwandererfamilien engagieren.

Interview Patricia Hecht

taz: Frau Ataman, der Bundesinnenminister ist nicht zum Integrationsgipfel gekommen, weil Sie auch dort waren und Sie ihn in einem Text für die Amadeu Antonio Stiftung kritisiert haben. Warum haben Sie die Nazikeule gegen Horst Seehofer geschwungen?

Ferda Ataman: Nazikeule? Lustig. Lesen Sie doch bitte meinen Text.

Sie haben in Ihrem Kommentar immerhin seinen Heimatbegriff mit der natio­nalsozialistischen Ideologie von Blut und Boden in Verbindung gebracht.

Ich habe beschrieben, wie die Heimatdebatte, die gerade von allen Parteien geführt wird, bei mir als Kind von Gastarbeitern ankommt. Der Heimatbegriff hat eine Vorgeschichte, er ist leider mit der Blut-und-Boden-Ideologie kontaminiert. Wer ihn verwendet, gerade als Politiker, sollte diesen historischen ­Bedeutungszusammenhang kennen und nicht persönlich nehmen.

Was halten Sie von Seehofers Heimatbegriff?

Seehofer hat einen Leitartikel in der FAZ geschrieben, den ich sehr gern gelesen habe. Darin schreibt er, dass sein Ministerium eine „Politik der Vielfalt“ betreiben möchte. Zuvor hat er aber per Bild-Interview erklärt, dass „der Islam nicht zu Deutschland gehört“. Mir ist also noch nicht ganz klar, wie er Heimatpolitik umsetzen will.

Wie würde ein Heimatbegriff aussehen, in dem Sie sich wiederfinden?

Es geht in der Debatte ja eigentlich nicht darum, wie Menschen persönlich ­Heimat empfinden. Sondern darum, wie eine Politik, die mit dem Begriff der Heimat arbeitet, aussehen kann. Und da brauchen wir positive Botschaften und nicht Heimat als Antwort auf sogenannte Überfremdungsängste. Zum Beispiel: Deutschland ist Heimat der vielen, nicht der Völkischen. Deutschland ist Heimat der Religionsfreiheit. Es gibt viele positive Botschaften, die man mit Heimat verknüpfen kann.

Bedauern Sie, dass Seehofer nicht am Gipfel teilgenommen hat?

Sehr. Wir haben ja die gleiche Heimat, nämlich Bayern. Da hätten wir bestimmt Anknüpfungspunkte gefunden.

Wären Sie zu einem persönlichen Gespräch mit ihm bereit?

Klar, immer.