: Groko hat es nicht eilig
Grüne und FDP wollen §219a fix abschaffen
Von Andrea Maestro
FDP und Grüne möchten im niedersächsischen Landtag gern ein Zeichen setzen. Die beiden Oppositionsparteien würden den viel diskutierten Paragrafen 219a, der die Werbung für den Abbruch von Schwangerschaften unter Strafe stellt, am liebsten sofort abschaffen. Leider fehlt ihnen dazu nicht nur die Macht, sie sitzen auch im falschen Parlament. So bleibt ihnen nicht mehr, als die niedersächsische Landesregierung mit einem Antrag aufzufordern, eine Bundesratsinitiative zu starten. Doch die große Koalition lässt sich bitten.
Zwei Mal haben die Abgeordneten von SPD und CDU den Beschluss darüber, wie sich das Land in dieser Frage positionieren soll, schon verschoben – zuletzt bis nach der Sommerpause. Beim Kita-, Schul- und Polizeigesetz könne es der Groko gar nicht schnell genug gehen, kritisiert die Abgeordnete Imke Byl von den Grünen. „Wenn es aber um das Recht von Frauen auf freie Arztwahl und sachliche Information geht, sitzt die Groko das Ganze einfach aus.“
Bisher dürfen Ärzte im Netz nicht darauf hinweisen, dass sie Abtreibungen vornehmen. Betroffene Frauen und Mädchen müssen sich selbst auf die Suche machen. Es habe den Anschein, als wolle sich Niedersachsen drücken, „bis die große Koalition in Berlin eine Entscheidung getroffen hat“, sagt auch der FDP-Abgeordnete Marco Genthe.
Die SPD-Abgeordnete Wiebke Osigus bestreitet das. Derzeit laufe noch eine Anhörung, in der Verbände und Kirchen schriftlich erklären könnten, was sie vom Paragrafen 219a hielten. Außerdem bräuchten die Abgeordneten Zeit, um sich inhaltlich mit den Stellungnahmen auseinanderzusetzen, sagt Osigus. „Das hat nichts mit Verschleppung zu tun.“
Auch in Niedersachsen sind SPD und CDU bei diesem Thema uneins. „Wir wissen, dass sich keine Frau diese Entscheidung leichter machen wird, nur weil sie frei zugängliche Informationen im Internet erhalten kann“, sagt Osigus. „Das ist eine psychische Ausnahmesituation. Da sollten wir nicht noch zusätzliche Hürden einbauen.“ Die SPD-Frau will – wohl aus Rücksicht auf den Koalitionspartner – trotzdem nicht aussprechen, wofür ihre Fraktion stimmen wird. Man sei noch „in der Meinungsbildung.“
Die CDU will den Paragrafen nicht abschaffen, sondern so reformieren, dass es straffrei ist, sachliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche zu geben, erläuterte der CDU-Abgeordnete Christian Calderone im Landtag. Die Neufassung des deutschen Abtreibungsrechts solle nicht „einem aktuellen medialen Hype geopfert werden“.
Die Grüne Byl kann nicht nachvollziehen, warum die SPD in Niedersachsen nicht mehr Druck macht. „Hier ist die SPD sogar der größere Koalitionspartner und traut sich trotzdem nicht.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen