Bunte Tütchen auf dunklen Wegen

Der Drogenhandel verlagert sich immer mehr ins Darknet. Die Legalisierung von Cannabis kommt für BKA-Chef Münch und die Bundesdrogenbeauftragte nicht in die Tüte

Schön schrill, ganz schön gefährlich: sogenannte Legal Highs Foto: Andreas Arnold/dpa

Aus Wiesbaden Christoph Schmidt-Lunau

Im siebenten Jahr in Folge ist die Anzahl der Fälle von Drogenkriminalität in Deutschland gestiegen, 2017 um 9,2 Prozent. Diese Zahl nannte der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, am Mittwoch bei der Veröffentlichung des Lageberichts Rauschgiftkriminalität.

Mit Abstand die meisten Fälle betreffen demnach Cannabis, gefolgt von Amphetaminen, Kokain, Heroin und weiteren synthetischen Drogen. Der BKA-Präsident und die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), erteilten auf der gemeinsamen Pressekonferenz allen Forderungen nach der Legalisierung von Cannabis eine Absage. Marktübliches Cannabis enthalte hohe Konzentrationen suchterzeugender und krankmachender Substanzen, sagte Mortler. „Wenn Sie die Tür aufmachen, bekommen Sie sie nicht wieder zu.“

Münch und Mortler zeigten sich entschlossen, den Ermittlungsdruck gegen die Rauschgiftkriminalität zu erhöhen. Das gelte auch für „Legal Highs“, psychoaktive Drogen, die harmlos daherkommen und weithin als „legal“ gelten. Seit im Jahr 2016 das „Neue-psychaktive-Stoffe-Gesetz“ (NpSG) in Kraft trat, sind Hunderte neue Substanzen als illegale Drogen verboten.

In einer Vitrine präsentierte BKA-Experte Michael Pütz eine Auswahl beschlagnahmter Drogen, die unter das NpSG fallen. Darunter auch zwei größere Beutel mit scheinbar harmlosen getrockneten Erdbeerblättern und Damianakraut. Solche an Tee erinnernde Kräuter werden mit halluzinogenen Substanzen versetzt, die bei den Konsumenten ähnliche Effekte auslösen wie andere Drogen. Sie werden in Onlineshops oder über das Darknet vertrieben. Die bunten Tütchen tragen fantasievolle Namen: Citrus-Bombe, Yama, Bonkai, Supernova oder Scooby Snax.

Beutel mit derselben Aufschrift können verschiedene Substanzen enthalten

BKA-Mann Pütz warnte: „Der Konsument kann nicht er­kennen, welche Wirkstoffe die Packungen enthalten. Selbst zwei Beutel mit derselben Aufschrift können unterschiedliche Substanzen enthalten.“ Hunderte solcher synthetischer Drogen seien inzwischen identifiziert, ständig müsse die Liste ergänzt werden. Vertrieben werden sie als Kräuter­mischung oder Pillen. Immerhin 185 Todesfälle aus dem Jahr 2017 führt das BKA 2017 auf NPS, Fentanyl und synthetische Drogen zurück.

Der illegale Drogenhandel verlagert sich nach Erkenntnissen des BKA zunehmend auf das Internet. Im Darknet würden auf „Marktplätzen“ alle möglichen Drogen angeboten, berichtete ein BKA-Fahnder. Abgerechnet werde meist über Bitcoins, die anonyme Internetwährung. Trotzdem seien auch dort Fahndungserfolge möglich. „Irgendwann müssen die Dealer, wir nennen sie ‚Vendoren‘, ihre Bitcoins in reales Geld umwandeln“, so der Fahnder. Zwei große Fische aus dem Darknet seien dem BKA 2017 ins Netz gegangen, bei denen zusammen 1,5 Tonnen Kokain sichergestellt wurden. Der Marktwert pro Kilo beträgt aktuell etwa 30.000 Euro.

Einen Vorteil hat die Teilverlagerung des Drogenhandels ins Internet. Das BKA und die Landeskriminalämter berichten, dass der Straßenhandel zurückgegangen ist, ebenso die Beschaffungskriminalität. Nachteilig sei, dass Jugendliche inzwischen leichter an Drogen herankommen. Auf YouTube finden sich mittlerweile Filme, in denen erklärt wird, wie man anonym im Darknet bestellt.