Machtkampf in Nordkorea: Kim Jong Un wechselt Top-Militärs aus

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un soll hohe Militärs geschasst haben. Hintergrund könnte Kritik an seiner Annäherung an die USA sein.

Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un bei der Besichtigung einer Baustelle

Auch bei einer Baustellen-Besichtigung in Nordkorea mit dabei: das Militär Foto: KCNA

SEOUL taz | Kim Jong Un soll drei seiner führenden Militärs von ihren Ämtern enthoben haben. Laut Reuters und der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap handelt es sich um den Stabschef der Volksarmee, Ri Myong Su, der als enger Vertrauter des verstorbenen Exdiktator Kim Jong Il gilt. Des Weiteren habe es Verteidigungsminister Pak Yong Sik und den Leiter des Politbüros der Armee, Kim Jong Gak, getroffen. Sie seien durch jüngeres Personal ersetzt worden. Die Berichte, die sich auf anonyme Quellen etwa der US-Regierung stützen, lassen sich nicht unabhängig verifizieren.

Am 12. Juni findet in Singapur das erste Gipfeltreffen zwischen einem US-Präsidenten und einem nordkoreanischem Machthaber statt. Die Personalentscheidung Kim Jong Uns wird daher vor allem als Versuch gedeutet, möglichen Dissens innerhalb des Regimes zu unterdrücken. Seit seiner Machtübernahme 2011 hat Kim Jong Un bereits mehrere Säuberungsaktionen zur Konsolidierung seiner Macht durchgeführt.

So ließ er unter anderem seinen Onkel Jang Seong Thaek – damals zweitmächtigster Mann des Landes – und seinen Halbbruder Kim Jong Nam hinrichten. „Gegenüber seiner Bevölkerung ist Kim Jong Un im Vergleich zu seinem Vater und Großvater relativ moderat. Die Elite hat er jedoch politisch gesäubert, wie es das Regime seit den 60er Jahren nicht mehr erlebt hat“, sagt Andrei Lankov von der Kookmin University in Seoul. Ebenso kursieren Gerüchte, dass Kim Jong Un über einen möglichen Putschversuch während seines voraussichtlich dreitägigen Aufenthalts in Singapur besorgt sei.

Die US-Regierung hat bislang zu den Medienberichten noch keine Stellung bezogen. Verteidigungsminister Jim Mattis sagte am Sonntag, dass die Vorbereitungen mit Nordkorea für das Gipfeltreffen „holprig“ verlaufen würden. Ein Sprecher des südkoreanischen Vereinigungsministeriums teilte am Montag mit, dass die umfassenden Neubesetzungen Pjöngjangs als ungewöhnlich zu werten seien – sollten sich diese tatsächlich als wahr herausstellen.

Andray Abrahamian

„Kim Jong Un steuert Personal mit verschiedensten politischen Präferenzen“

„Kim Jong Un steuert Personal mit verschiedensten politischen Präferenzen“, sagt Andray Abrahamian, der als Berater einer singapurischen NGO Wirtschaftsseminare für nordkoreanische Unternehmer organisiert: „Es ist möglich, dass die abgesetzten Militärs nicht mit Kim Jong Uns Annäherungspolitik gegenüber den USA und Südkorea einverstanden waren, aber letztendlich lässt sich das bislang nicht belegen“.

Das Militär gilt als konservative Fraktion im Regime, deren vornehmliches Ziel es ist, möglichst viele Ressourcen zur Sicherung des Landes zu mobilisieren. Dass Kim Jong Un nun mit den Amerikanern über eine vollständige Denuklearisierung verhandeln möchte, dürfte vielen Hardlinern bitter aufstoßen. Das neue Personal gilt laut südkoreanischen Presseberichten als politisch moderat. Insofern könnte die Personalrochade dem anstehenden Gipfeltreffen mit Trump dienlich sein.

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