Frauenrechte in Saudi-Arabien: Mehrere Aktivistinnen festgenommen
Für seinen Reformkurs wurde der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman weltweit gelobt. Nun gab es wieder Festnahmen, kurz vor einem historischen Datum.
2014 war Al-Hathlul zwei Monate im Gefängnis, weil sie am Steuer eines Autos versucht hatte, von den Vereinigten Arabischen Emiraten aus ins benachbarte Saudi-Arabien zu fahren. Dem Golfrat für Menschenrechte zufolge kann sie momentan weder mit einem Anwalt noch mit ihrer Familie sprechen. Die Verhaftungen kommen zu einem ungewöhnlichen Zeitpunkt: In gut einem Monat, am 24. Juni, will das Königreich Frauen als letztes Land der Welt das Autofahren erlauben.
Beobachter sehen die Gründe für die Festnahmen in der Sorge Riads vor dem Eindruck, die Proteste der Aktivistinnen hätten zur Aufhebung des Frauenfahrverbots geführt. HRW zufolge wurden Aktivisten, darunter auch einige der jetzt Verhafteten, angewiesen, nicht mit Medien über die historische Entscheidung zu sprechen. Kronprinz Mohammed bin Salman, der starke Mann im Land, will Experten zufolge die Kontrolle über die Öffnung des autokratischen Landes behalten.
Frauenrechtlerinnen fordern unlängst auch die Aufhebung des Systems der männlichen Schutzherrschaft, das es ihnen unter anderem verbietet, ohne Zustimmung ihres männlichen Vormunds zu heiraten oder zu reisen.
Kritikerinnen droht Gefängnis
Für seine Reformen hatte der Thronfolger zuletzt viel Lob auch von Aktivisten erhalten. Doch nun werden – wie in der staatsnahen Zeitung Al-Dschasira – Fotos der eingesperrten Aktivistinnen veröffentlicht und die Frauen als „Verräter“ gebrandmarkt.
Die staatliche Nachrichtenagentur Spa teilte mit, dass sieben Personen mit Kontakten zu feindlichen ausländischen Mächten festgenommen wurden, weil sie die Regierung unterwandern wollten. Sie hätten die Sicherheit, Stabilität und den gesellschaftlichen Frieden untergraben und der nationalen Einheit schaden wollen.
„Die Botschaft ist klar: Jedem, der Skepsis über die Menschenrechtsagenda des Kronprinzen äußert, droht Zeit im Gefängnis“, sagte Sarah Leah Whitson, die Nahost-Direktorin von Human Rights Watch. Amnesty International sprach von einer „empörenden Hetzkampagne“, die den Versprechen Mohammed bin Salmans wirdespreche, das Land zu erneuern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind