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Inkonsequent gegen Reichsbürger

Anfrage zeigt: Fantasiedokumente werden von den Behörden nicht systematisch erfasst

Angehörige der Szene wurden lange als „Papierterroristen“ oder „Spinner“ abgetan

Von Andreas Speit

Das Bundesinnenministerium beobachtet die Entwicklung der Reichsbürger-Bewegung mit Sorge. Derzeit geht es von 18.000 Personen aus der Szene aus. Die Reichsbürger rufen eigene Staaten aus und stellen sich auch eigene Dokumente aus, weil sie die Bundesrepublik nicht wahrhaben wollen. Bundesweit fanden in den vergangenen Monaten polizeiliche Maßnahmen zur Entwaffnung der Szene statt. Doch: Wie werden Reichsbürger als solche erfasst? Eine schriftliche Anfrage der Linksfraktion im Bundestag zeigt: Eine einheitliche Sammlung der Dokumente aus der Szene findet nicht statt.

Die Linke im Bundestag wollte wissen, inwieweit Dienstvorschriften für Beamte der Bundespolizei, der Bundeszollverwaltung und des Bundeskriminalamts bestehen, um die Personalien von Anhängern der Reichsbürger-Bewegung festzustellen. Die Antwort des Bundesinnenministeriums fiel knapp aus: Es bestehe „keine explizite Dienstvorschrift zur Erfassung und Dokumentation von Fantasiedokumenten der so genannten Reichsbürger-Bewegung“. Nur wenn diese vermeintlichen Dokumente zu einer Strafanzeige führten, würde der polizeiliche Meldedienst sie dokumentieren.

„Es entbehrt schon einiger Logik, wenn die Bundesregierung der Reichsbürger-Szene eine hohe Gewaltbereitschaft attestiert und deren Entwaffnung zur Chefsache erklärt, doch letztlich nicht einmal deren Auftreten einheitlich erfasst wird“, sagt die Bundestagsabgeordnete der Linken, Martina Renner, die die Anfrage gestellt hat.

Das Phänomen, dass sich Anhänger einer heterogenen Szene eigene Dokumente geben, ist nicht neu. In den Sicherheits- und Verwaltungsbehörden wurden Angehörige der Szene allerdings lange als „Papierterroristen“ oder „Spinner“ abgetan – wegen ihrer seitenlangen Erklärungen, warum sie keine Gebühren oder Bußgelder bezahlen müssten.

Am 19. Oktober 2016 änderte sich bei den Sicherheitsorganen jedoch die Wahrnehmung. Bei einer Razzia im fränkischen Georgsmünden erschoss an dem Tag der selbsternannte Reichsbürger Wolfgang P. einen Polizeibeamten und verletzte drei weitere Beamte. Nach dem tödlichem Schuss begannen die Behörden, diese Bewegung genauer zu beobachten. Im Zuge der Beobachtung wuchs die Zahl der Anhängerschaft auf 18.000 Personen an.

Im Juni 2016 erklärte das Bundesinnenministerium auf eine Kleine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion noch, das „keine belastbaren Gesamtzahlen“ vorlägen. Das ist jetzt anders: Unter den 18.000 Anhängern rechnet das Bundesinnenministerium etwa 950 Personen aus der Bewegung der rechtsextremen Szene zu. 1.200 Anhänger der Bewegung besitzen legale Waffen. So weit die Zahlen. Die fehlende Dienstvorschrift offenbart für Renner, dass „von einem schlüssigen Handeln der Sicherheitsbehörden hier keine Rede sein kann“.

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