Eurovisão am Tejo, Folge 5: Sponsorensause mit dem Staatschef

Am Samstag ist Eurovision-Finale in Portugal. Die Eröffnung des Wettbewerbs, sonst ein glamouröser Festakt, geriet diesmal zum Eventmarketing.

Ein Mann rollt eine Tänzerin in einem großen Ball umher

Letzte Vorbereitungen, bevor der Staatschef den ESC eröffnet Foto: reuters

LISSABON taz | Zu den schöneren Gewohnheiten des ESC zählt, dass es an Ort und Stelle einige Tage vor dem Grand Final (Samstag, 12.5., 21 Uhr) eine sogenannte Opening Ceremony gibt. 2013 kamen die Gastgeber in Malmö auf die Idee, diese, als sei man Cannes, die Berlinale oder die Oscar-Verleihung, zum Auftakt dieser Party als Defilée auf einem Roten Teppich zu zelebrieren. Eine frische Tradition sozusagen, die dieses Jahr in Lissabon durch zwei Aspekte angereichert wurde: Dass der Aufmarsch der 43 Acts (Künstler*innen + Anhänge) auf einem Blauen Teppich inszeniert wurde. Und dass, zweitens, erstmals ein Staatschef dem Event seine Aufwartung machte.

So zeigte sich also am frühen Sonntagabend Portugals Staatschef Marcelo Rebelo de Sousa im stylischen MAAT (Museu Arte, Arquitetura e Tecnologia) in Belém, der schnieken Vorstadt von Lissabon am Tejo. Sinngemäß ließ er bei seinem Besuch wissen, dass Portugal mit diesem ESC zeige, wirklich jedes Event ausrichten zu können – was wohl auch als Signal an Kongressveranstalter gelesen werden darf, dass die Renovierung Lissabons (durch die Expo 1998 zum Beispiel) und neue Kulturbauten erfolgreich war. (Er war der erste Staatspräsident bei einer ESC-Eröffnung.) Und Bürgermeister Fernando Medina Maciel Almeida Correie (in Portugal haben die Leute sehr gern sehr lange Namen, auch Ronaldo) fügte an, dass er sich glücklich schätze, den ESC in seiner Metropole zu wissen.

Unerwähnt blieb, dass der ESC finanziell so günstig ausfallen wird wie keiner sonst seit vielen Jahren (je nachdem, wie man rechnet): Man braucht jeden Euro für die Schadensregulierung nach den Waldbränden im Lande voriges Jahr. Aber: Das Defilée über den Blauen Teppich bezahlten Sponsoren, insofern war die Investition keine steuerfinanzierte.

Glam ohne Gesinde

Insgesamt und überhaupt war es eine sehr, sehr schöne Auftaktveranstaltung, mit einem, allerdings wichtigen Fehler: Catwalks vor einem Event leben von den Künstler*innen, die bestaunt werden möchten, deshalb schmeißen sie sich ja auch in Schale und lassen Makeup-Fachleute oft im Hintergrund mitlaufen, zum Nachpudern. Aber zugleich braucht es das Publikum, das den Stars und Sternchen huldigt: „Siehe, sie sind wie wir und doch uns enthoben!“

Das aber fehlte, jedenfalls am Ort selbst. Im Fernsehen wurde die Chose übertragen, im Internet über verschiedene Kanäle, aber kein*e Passant*in hatte eine Chance, die Show zu sehen: alles war abgesperrt von der Polizei, nicht mal ein Blick über Zäune hinweg lag im Bereich des Möglichen. Das Gesinde, das den Glam doch genießen soll, wurde nicht am Hofe vorgelassen. Ein Akt vielleicht nicht der Entdemokratisierung, aber der Verabschiedung schöner monarchischer Gewohnheiten: Wir Aschenputtel wollen doch auch nur gucken, dass es sie wirklich gibt, die Prinzess*innen!

P.S.: Netta Barzilai dürfte so etwas wie Lampenfieber inzwischen haben. Auf dem Blue Carpet trug sie eine Art portugiesischen Nonnentracht in Weiß und Extralarge, vor sich einen weißen Korb. Das war, nun ja, schräg. Dienstag muss sie sich im ersten Semi (08.05., 21 Uhr) für das Grand Final qualifizieren. Bei den Buchmacher*innen liegt sie immer noch haushoch in Führung. Soviel Favoritinnenbürde will auch erst mal ertragen sein.

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