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Vom Wohnen im menschlichen Maß

Im Bremer Kino City 46 ist die Dokumentation „Vom Bauen der Zukunft – 100 Jahre Bauhaus“ der Film des Monats. Die Dokumentarfilmer Niels-Christian Bolbrinker und Thomas Tielsch transportieren darin die Philosophie Walter Gropius’in die Zukunft

Von Wilfried Hippen

Eine Wohnung für 100 Euro Miete – das ist doch mal eine Idee. Der Architekt Van Bo Le Mentzel hat sie umgesetzt: Es ist ein 6,4 Quadratmeter großer Raum, in dem Schlafplatz, Büro, Küche und Bad integriert sind – alles sehr funktional und auch gar nicht eng, solange niemand darin wohnt, sondern der eher schmächtige Architekt mit gekonnten Handgriffen die einzelnen Module zusammenbastelt. Dabei erzählt er davon, dass das die Antwort auf den Wohnraummangel in der Zukunft sein könnte.

Es ist ein besonders kurioses Beispiel dafür, wie in dem Dokumentarfilm „Vom Bauen der Zukunft – 100 Jahre Bauhaus“ die Philosophie von Walter Gropius in die Zukunft weiter gedacht wird. Zwischen 1926 und 1928 hatte Gropius in Dessau eine Siedlung mit kleinen Häusern bauen lassen, zu denen Gärten mit Gemüse und Karnickeln gehörten, um so für die werktätigen Massen ein kostengünstiges Wohnen und Leben zu ermöglichen. Eine inzwischen ziemlich alte Dame wohnt seitdem in der Siedlung Törten und sagt als einzige noch lebende Zeitzeugin, die Gropius noch kannte, im Film: „Ich lasse nichts auf Gropius kommen.“

Der Titel macht den Anlass deutlich, zu dem die Dokumentarfilmer Niels-Christian Bolbrinker und Thomas Tielsch den Film gemacht haben. In die Kinos kommt er ein wenig zu früh, denn die „100 Jahre Bauhaus“ werden erst 2019 gefeiert. Dann soll er auch im Fernsehen gesendet werden. Zu erzählen gibt es genug und die Teilung in einen historischen Abriss und einen Blick darauf, welche Künstler heute in der Tradition des Bauhauses weiterarbeiten, ist dramaturgisch geschickt.

Bolbrinker und Tielsch geben sich große Mühe, die Geschichte der Bauhausbewegung nicht museal wirken zu lassen. So haben sie Grafiken und Entwürfe aus den 20er- und 30er-Jahren mit kurzen Animationen lebendig werden und Theaterkostüme von den berühmten Themenfesten in Dessau neu schneidern lassen. Bei einigen Bildern kann man auf den ersten Blick kaum erkennen, ob es sich um Originale von damals oder um Nachbauten handelt.

Davon abgesehen haben die Dokumentarfilmer einen eher konventionellen Film gemacht, der ein wenig vollgestopft wirkt, denn natürlich reichen 95 Minuten nicht, um zugleich der Geschichte des Bauhauses gerecht zu werden und seine Spuren in die Künste von heute zu verfolgen. Aber im nächsten Jahr wird es so viele Bücher, Veranstaltungen und wohl auch Filme über das Bauhaus geben, dass der Film als kleine Einführung durchaus seine Berechtigung hat.

Es ist schon interessant, wer sich alles auf die Tradition des Bauhauses bezieht. So hat der Tänzer Christian Mio Loclair am Computer technische Choreografien entworfen und sich dazu von Kandinskys Formenlehre inspirieren lassen. Das Kollektiv Urban Think Tank entwickelt für kolumbianische Favelas eine menschenfreundliche Infrastruktur nach Bauhaus-Art und die Designerin Rosan Bosch baut in Stockholm Schulen ohne Klassenräume.

Als „Film des Monats“ läuft die Dokumentation den Mai über in elf Vorstellungen im Bremer City 46.

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