„Eine absolute Fehlorientierung“

Führende Gewerkschafter und Politiker der SPD sprechen sich vehement gegen ein Bedingungsloses Grundeinkommen aus

Die Gewerkschaften, aber auch die Jusos und führende SPD-Politiker haben sich in einer Reihe von Interviews gegen ein Bedingungsloses Grundeinkommen als Ausweg aus einem befürchteten Verlust von Arbeitsplätzen durch die Digitalisierung ausgesprochen. „Menschen mit einer Stillhalteprämie aufs Abstellgleis zu stellen, weil ihnen keine Perspektive in der Erwerbsarbeit angeboten werden kann, ist keine Lösung“, sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann in einem Zeitungsinterview. Der Ruf nach einem Bedingungslosen Grundeinkommen sei „eine absolute Fehlorientierung“. Arbeit sei mehr als Broterwerb, sagte Hoffmann. Sie strukturiere den Alltag, sorge für Teilhabe und sozialen Zusammenhalt.

Ein Bedingungsloses Grundeinkommen wäre eine staatliche Leistung, die jeder unabhängig von seiner wirtschaftlichen Lage und ohne Gegenleistung erhält und die ein einigermaßen auskömmliches Leben sichern soll. Sie wird von Politikern verschiedener Parteien gefordert. Nicht zu verwechseln ist sie mit dem Solidarischen Grundeinkommen, das Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) vorgeschlagen hat und bei dem Leistungsempfänger gemeinnützige Arbeiten verrichten sollen.

Auch IG-Metall-Chef Jörg Hofmann sprach sich gegen das Bedingungslose Grundeinkommen aus. Die Menschen seien „nicht glücklich, wenn sie daheim sitzen und alimentiert werden“, begründete Hofmann seine Haltung in der Heilbronner Stimme. „Sie wollen arbeiten, und das möglichst qualifiziert“, sagte er. Mögliche Auswirkungen der Digitalisierung und des Technologiewandels in der Automobilbranche dürften nicht auf die Gesellschaft abgeladen werden, sagte der Gewerkschafter. „Wir müssen uns bemühen, dass jeder Erwerbstätige auch in der Arbeitswelt von morgen eine Chance hat“, forderte Hofmann.

Für eine „Illusion“ hält den Vorschlag auch Verdi-Chef Frank Bsirske. „Das Grundeinkommen müsste bei rund 1.200 Euro pro Monat liegen, um halbwegs auskömmlich zu sein. Das allein würde eine Billion Euro pro Jahr kosten und das heutige Steueraufkommen glatt übersteigen“, sagte er der Passauer Neuen Presse.

Dem Nein der Gewerkschafter zum Bedingungslosen Grundeinkommen schloss sich auch Juso-Chef Kevin Kühnert an. „Wenn wir es als Antwort auf die Digitalisierung einführen, kapitulieren wir vor dem Wandel“, sagte er der Rheinischen Post.

Auch Karl Lauterbach, stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender im Bundestag, hat sich deutlich gegen ein Grundeinkommen gestellt. „Ich bin aus unterschiedlichen Gründen dagegen. Das Steueraufkommen ist nicht unendlich steigerbar. Und dann verteilen wir das auch noch zum Teil an diejenigen, die es nicht brauchen. Da bleibt für die wirklich Bedürftigen weniger übrig. Das will ich nicht“, äußerte sich Lauterbach im TV-Sender Phoenix. So werde man auch denjenigen nicht gerecht, die für einen verhältnismäßig geringen Lohn arbeiten würden. „Ich habe ein Problem damit, wenn jemand für 1.600 Euro arbeiten geht und dann von seinen Steuern noch Geld abgezwackt wird für jemand, der gar nicht arbeitet, teilweise gar nicht arbeiten will“. (afp, dap, taz)