Richtungsstreit in der Linkspartei: Implizit gegen Wagenknecht

Bei der Linken liegen Partei- und Fraktionschefs seit langem im Streit. Der Parteitags-Leitantrag distanziert sich von der Fraktionschefin.

Vier Personen im Seitenprofil von links hinten nach rechts vorne:: Parteichefs Riexinger und Kipping, Fraktionschefs Bartsch und Wagenknecht

Nur nach außen einig: Parteichefs Riexinger und Kipping, Fraktionschefs Bartsch und Wagenknecht Foto: dpa

BERLIN taz | „Die Linke – Partei in Bewegung“ heißt der Leitantrag, den der Vorstand der Linkspartei am Wochenende für den Bundesparteitag Anfang Juni in Leipzig verabschiedet hat. Das meiste der achteinhalb Seiten dürfte bald danach vergessen sein. Wichtig ist das Papier, das ohne Gegenstimmen bei einigen Enthaltungen beschlossen wurde, vor allem für den innerparteilichen Richtungsstreit. Dort liegen die Parteichefs Katja ­Kipping und Bernd Riexinger mit den Fraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch und vor allem Sahra Wagenknecht seit Langem im Streit.

„Partei in Bewegung“ meint etwas anderes als die vor allem von Sahra Wagenknecht favorisierte Sammlungsbewegung: „Die Mitglieder der Linken sind unser Rückgrat und unsere Stärke“, heißt es in dem Leitantrag. „Basis heißt, dass die Partei auf ihren Mitgliedern aufbaut, von unten nach oben. Sie, wir, entscheiden über Forderungen und Programme, über Ziele und Ausrichtung der Linken.“ Dies richtet sich implizit gegen Wagenknecht, der Alleingänge in den Medien gegen die geltende Beschlusslage der Linken etwa in der Flüchtlingspolitik vorgeworfen werden. Die von ihr als Vorbild erwähnte Partei La France insoumise von Jean-Luc Mélenchon ist eher von oben nach unten aufgebaut.

In der Flüchtlingsfrage wiederholt das Papier die geltende Beschlusslage: „Wir wollen das Sterben im Mittelmeer und an den europäischen Außengrenzen beenden. Dafür brauchen wir sichere, legale Fluchtwege, offene Grenzen und ein menschenwürdiges, faires System der Aufnahme von Geflüchteten und einen Lastenausgleich in Europa.“ Wagenknecht hatte sich wiederholt gegen „offene Grenzen“ ausgesprochen. Auf offene Konfrontation mit der Fraktionschefin geht das Papier aber nicht, die innerparteilich umstrittenen Positionen zur EU (weniger oder mehr Kompetenzen für Brüssel?) werden erst gar nicht erwähnt. Damit bleibt offen, ob der Leitantrag in Leipzig en passant abgenickt wird, was für Kipping und Riexinger nur einen kleinen Punktgewinn bedeuten würde, oder zu einer Richtungsentscheidung in der Partei genutzt wird.

Insgesamt ist das Papier von einem starken Oppositionsgestus geprägt. Eigene Fehler werden nicht benannt, stattdessen Vorwürfe an SPD und Grüne erneuert: An keiner Stelle des Koalitionsvertrags würden „die Voraussetzungen des neoliberalen Kapitalismus verschoben“, heißt es darin. „Mit den alten Verfechtern der Agenda 2010“ komme „kein höherer Mindestlohn, kein Ende der sachgrundlosen Befristungen, keine armutsfeste Rente“. Die Grünen würden „so geht nun mal Politik“ sagen, wenn „sie das Grenzregime Europas akzeptieren“. Sie konzentrierten sich „auf grünen Kapitalismus“. Durch das politische System wehe „der Geist von Anpassung und Akzeptanz der Gegebenheiten“, schreibt die Linkspartei.

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