Der Blasse und der Wadenbeißer

Peter Tschentscher gibt sein Debüt als Bürgermeister und bekommt es mit Oppositionsführer Trepoll zu tun

Von Marco Carini

Peter Tschentscher wirkt nervös. 35 Minuten Regierungserklärung in der Bürgerschaft sind seine Feuertaufe als neuer Bürgermeister. Er absolviert sie ausreichend, mehr nicht. „Ein bisschen lockerer“, sagt ein SPD-Abgeordneter, hätte man sich das neue Aushängeschild der Regierungskoalition schon gewünscht – und etwas substanziierter. „Das sind doch alles Allgemeinplätze“, schallt es aus den Reihen der Opposition.

Tatsächlich hält der 52-jährige Neu-Bürgermeister eine Rede à la Olaf Scholz: humorfrei, ideenarm, impulsschwach und ohne einen einzigen Hinweis darauf, was er anders machen will als sein Vorgänger. 10.000 neue Wohnungen sollen auch weiterhin pro Jahr entstehen, verspricht der Sozialdemokrat, der meint, seine herausragende Eigenschaft sei seine Strebsamkeit und damit vermutlich nicht einmal irrt. So inszeniert sich Tschentscher als blässlicher Wiedergänger von Scholz.

Wichtiger aber ist, worüber Tschentscher nicht spricht: Die Integration von Flüchtlingen, die schulische Inklusion lernbehinderter Kinder oder auch die Zukunft der Roten Flora finden keinen Eingang in sein Manuskript. Themen, zu denen einem Bürgermeister etwas einfallen sollte.

Das bietet der Opposition reichlich Munition. André Trepoll (CDU), der Tschentscher 2020 als Bürgermeister ablösen möchte, geriert sich als das Gegenteil des blutleer wirkenden Tschentscher. Der Mann aus Harburg wirkt bei seinen Reden immer ein wenig künstlich aufgeregt, ist dabei immer auf der Suche nach zitierfähigen Sätzen mit populistischem Gehalt. Anknüpfend an Helmut Schmidts Satz, wer Visionen hat, solle zum Arzt gehen, ätzt er in Richtung Tschentscher: „Wer aber gar keine Ideen für die Zukunft hat, dem hilft nicht mal der Doktor!“

In bester Wadenbeißer-Manier floskelt Trepoll über die „Stauhauptstadt Hamburg“, die „Enteignung der Autofahrer“ durch die SPD und deren angebliche Liebe zur Einheitsschule und zum Einheitslehrer. Und er fordert natürlich mehr von allem: mehr Polizisten, mehr wissenschaftliche Exzellenz, das alles bei weniger Staatsausgaben.

Dafür will Trepoll deutlich weniger Rote Flora: „Die Keimzelle des Linksextremismus muss geschlossen werden.“ Wie er zu seinen Keimzellen-Erkenntnissen kommt und wie die Schließung rechtlich umgesetzt werden soll, verschweigt er dabei erneut dezent.