: Nazi-Glocke „gereinigt“
Der Umgang mit einer „Hakenkreuz“-Glocke spaltet Schweringen. Jetzt wurden Fakten geschaffen
Unbekannte haben das Hakenkreuz und einen Schriftzug von der sogenannten „Vaterlandsglocke“ in der evangelischen Kreuzkirche in Schweringen bei Nienburg entfernt. Gemeindepastor Jann-Axel Hellwege habe die Tat bereits am Donnerstag entdeckt und zunächst den Kirchenkreis Nienburg informiert, teilte die hannoversche Landeskirche mit. Der Umgang mit der Glocke hatte in den vergangenen Wochen für heftigen Streit in der Kirchengemeinde gesorgt.
Die Täter hinterließen an der Kirchentür ein Bekennerschreiben, wie die Landeskirche weiter bestätigte. „Schweringen hat ein schmutziges, matschiges, nasses, kurz gesagt: ein extrem häßliches halbes Jahr hinter sich und es wurde Zeit, daß der Frühjahrsputz frischen Wind ins Dorf bringt“, heißt es darin. „Wir haben Frühjahrsputz gemacht. Nicht nur das Dorf gereinigt, sondern auch die Glocke. Von Taubendreck, vom Dreck der Nationalsozialisten, der nach 80 Jahren noch drohte die Dorfbevölkerung zu spalten …Die Glocke ist jetzt 'clean’– unsere Gedanken waren es schon lange.“
Nach Angaben von Hellwege gelangten die Täter vermutlich mit einem Schlüssel in die Kirche. Einbruchspuren habe es nicht gegeben, sagte der Pastor. In der Gemeinde seien „eine Menge Schlüssel im Umlauf“.
Bei der Polizei in Nienburg wurde die Tat bis zum Dienstag nicht angezeigt, wie ein Sprecher erklärte. Die hannoversche Landeskirche prüft derzeit, wie mit der Sachbeschädigung an der Glocke umzugehen ist. Zudem werde ein Sachverständiger untersuchen, inwieweit die Beschädigung den Klang der Glocke verändere. Mutmaßungen, wonach das Hakenkreuz und der vermutlich ebenfalls aus der NS-Zeit stammende Schriftzug „dies Kreuz gab Gelingen half Zwietracht bezwingen“ von den Tätern „weg gefräst“ oder „weg geflext“ worden seien, konnte die Landeskirche zunächst nicht bestätigen.
In der Gemeinde war der Streit um die Glocke mit dem Hakenkreuz zuletzt eskaliert. Hellwege hatte eine Entscheidung des Kirchenvorstands angefochten, der die Glocke weiter nutzen wollte. Auch der „Runde Tisch gegen Rassismus und rechte Gewalt in Stadt und Landkreis Nienburg“ forderte, die Glocke abzuhängen. (epd)
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