: Smartphone in die Schultüte
Ab dem nächsten Schuljahr können Lehrkräfte auf Bausteine für digitalen Unterricht zurück greifen
Von Kaija Kutter
Digitales Lernen soll an Hamburgs Schulen in allen Fächern Einzug halten. Ab dem Schuljahr 2018/19 können die Lehrer „digitale Unterrichtsbausteine“ von einer Plattform laden, um sie einzusetzen. Nach den vielen Diskussionen um digitalen Unterricht müssten „endlich Taten folgen“, sagt SPD-Schulsenator Ties Rabe. Hamburg erwarte, dass der Bund zügig Geld für digitale Infrastruktur bereitstelle, doch man wolle nicht länger warten.
Deshalb erarbeitet eine Gruppe von rund 30 Lehrern diese Bausteine, unterstützt von der Technischen Uni Hamburg (TUH), der Hertz-Stiftung und dem Lehrerbildungsinstitut. Thorsten Puderbach, Biologielehrer am Gymnasium Altona, ist einer von ihnen. Er probierte den Baustein „Bedeutung von Wasser für den menschlichen Körper“ in seiner 6. Klasse schon aus. Die Schüler suchen im Netz nach Lernvideos und werten sie aus. Anschließend folgen Experimente. Die Schüler sollen den Prozess fotografieren und per App ein eigenes Lernvideo erstellen. „Das ist lernförderlich“, sagt Puderbach.
Die Schüler machen das mit ihren Smartphones. Die meisten bringen dafür ihr eigenes mit. Denn, dass „jeder Schüler ohnehin ein Smartphone dabei hat“, sei Erkenntnis aus einem Hamburger Schulversuch, sagte Rabe. Geld, dass diese Schulen für anzuschaffende Geräte hatten, sei „liegen geblieben“. Trotzdem halte man auch künftig Mittel dafür bereit.
Laut Puderbach braucht man Smartphones mit den Grundfunktionen Kamera und Internetbrowser. Das sei ausreichend. Damit die Geräte nicht stören, bekämen die Schüler drei Regeln mit: Zu Beginn Display nach unten, Ton aus, Benachrichtigungen aus.
In den nächsten 18 Monaten sollen Puderbach und Kollegen 180 Bausteine erstellen, die peu à peu online gehen. Altersmäßig ist das Projekt für Klasse 5 und aufwärts vorgesehen. Die Grundschulen wurden erst mal ausgespart.
Ein Hindernis sei, dass heute noch nicht jede Klasse W-lan-Zugang hat. Doch hier wartet Hamburg auf die Freigabe der Mittel aus dem Digitalpakt des Bundes. Eine Milliarde pro Jahr soll es bis 2021 bundesweit geben.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) beäugt das Vorhaben kritisch. „Analoge Bildung sollte die Grundlage bleiben“, sagt Landes-Vize Frederik Dehnerdt. Außerdem sollten Schulen die Geräte stellen, damit Eltern nicht unter Druck sind, ihren Kindern ein Smartphone zu schenken. „Sonst“, sagt Dehnerdt, „wird hier der Erziehungsauftrag der Eltern unterwandert.“
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