Kopftuchprotest im Iran: Zwei Jahre Haft wegen Entschleierung
Wegen „sittlicher Verdorbenheit“ muss eine Teheranerin in den Knast, die öffentlich ihre Haare zeigte. Die Justiz ist auch gegen eine Frauentag-Veranstaltung.
Die Frau habe durch die Entblößung ihres Haares „sittliche Verdorbenheit“ in der Öffentlichkeit befördert, sagte Dolatabadi laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Mizan Online. Sie habe Berufung gegen das Urteil eingelegt, doch werde er darauf dringen, dass sie die vollen zwei Jahre absitze.
In den wohlhabenden Vierteln von Teheran und anderen Großstädten tragen viele Frauen nur noch lose gebundene Tücher, die große Teile des Haares zeigen. Generalstaatsanwalt Dolatabadi sagte, eine gewisse „Toleranz“ sei für Frauen möglich, die ihr Kopftuch lose tragen. Doch müsse der Staat energisch gegen Frauen vorgehen, die „gezielt die Regeln des islamischen Schleiers in Frage stellen“, sagte Dolatabadi.
Frauentag 2018
Seit Dezember vergangenen Jahres protestieren immer mehr Frauen gegen den Kopftuchzwang, indem sie auf den Straßen ihre Kopftücher abnehmen und sie als Fahne an einen Stock hängen. Inzwischen sind mehr als 30 Frauen festgenommen worden. Zwar wurden die meisten wieder freigelassen, doch laufen zahlreiche Prozesse.
Den Namen der verurteilten Frau gab Dolatabadi nicht an; es handelt sich angeblich um die 32-jährige Nargess Husseini. Sie wurde vor mehr als einem Monat in Teheran festgenommen und in einem Gefängnis in Südteheran eingesperrt. Auch vor Gericht wollte sie ihre Tat nicht bereuen. Sie soll sogar versucht haben, den erzkonservativen Richter davon zu überzeugen, dass der Kopftuchzwang nicht legitim sei.
Unterdessen kündigte Staatsanwalt Mohammed Dschafar Montaseri an, gegen eine Feier zum iranischen Frauentag vorzugehen, die vom Teheraner Rathaus veranstaltet worden war. Auf einem Video der Veranstaltung, das in den sozialen Medien Verbreitung fand, ist eine Gruppe Mädchen in engen Hosen zu sehen, die zur Musik eines traditionellen Orchesters und eines mehrheitlich weiblichen Chors tanzen.
Montaseri sagte laut der Nachrichtenagentur Isna, die Veranstaltung habe womöglich „gegen die öffentliche Moral“ und islamische Traditionen verstoßen. Er habe den Teheraner Generalstaatsanwalt angewiesen, Ermittlungen einzuleiten und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. An der Feier im Rathaus hatte auch Teherans reformorientierter Bürgermeister Mohammed Ali Nadschafi teilgenommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient