piwik no script img

das portraitDie norwegische Justizministerin Sylvi Listhaugsorgt für eine Regierungskrise

Foto: dpa

Diesmal hat Sylvi Listhaug den Bogen überspannt – und deshalb hat die norwegische Justizministerin nun einen Misstrauensantrag an der Backe. Was war passiert?

Die Politikerin der rechtspopulistischen Fortschrittspartei hatte sich vovergangene Woche über die Sozialdemokraten geärgert, weil diese doch tatsächlich auf rechts­staatlichen Prinzipien beharrten. Die Oppositionspartei verwehrte der konservativ-rechtspopulistischen Minderheitsregierung bei der Abstimmung im Parlament ihre Stimmen, weil sie nicht die Justizministerin, sondern ein Gericht darüber entscheiden lassen wollte, ob mutmaßlichen Gefährdern die Staatsbürgerschaft aberkannt wird oder nicht.

Den Sozialdemokraten seien die Rechte von Terroristen wichtiger als die Sicherheit des Landes, ätzte Listhaug daraufhin auf Facebook. Dazu postete sie ein Foto, das vermummte islamistische Terroristen zeigen soll. Eine, wie die Zeitung Klassekampen kommentierte, „unwahre, unsachliche und unanständige Behauptung“. Vor der sich gerade ein führendes Mitglied der Partei hüten sollte, in dessen Jugendorganisation der Rechtsterrorist und Massenmörder Anders Behring Breivik seine ­politische Heimat hatte. Der den Bombenanschlag in Oslo am 22. Juli 2011 und die anschließende Hinrichtung von 69 JungsozialistInnen auf der Insel Utøya mit Hinweis auf angebliche linke Landesverräter zu rechtfertigen versuchte, die Norwegen dem Islam ausliefern wollten.

Doch weder der Empörungssturm, dem sich Listhaug seit ihrem Facebook-Beitrag ausgesetzt sieht, noch die Aufforderung von Regierungschefin Erna Solberg, sich zu entschuldigen, rangen der 40-Jährigen ein Wort der Reue ab. Worauf sich die Ministerpräsidentin zu einer Entschuldigung im Namen der ganzen Regierung gezwungen sah. Den Facebook-Kommentar entfernte die Ministerin zunächst ebenfalls nicht und als sie sich nach knapp einer Woche doch dazu bequemte, begründete sie es damit, für das verwendete Bild kein Urheberrecht gehabt zu haben.

Listhaug, die es laut der konservativen Tageszeitung Aftenposten grundsätzlich liebe, „mit dem Vorschlaghammer zu argumentieren“, war schon als Vorstandsmitglied der Jugendorganisation der Rechtspopulisten mit besonders aggressiven asyl- und ausländerfeindlichen Ausfällen aufgefallen. 2015, als frischgebackene Einwanderungsministerin, verkündete sie das Ende der „grenzenlos naiven“ Asylpolitik Norwegens.

Nachdem Listhaug auch bei einer Parlamentsdebatte am Donnerstag vier Anläufe brauchte, bevor sie sich zu einer Formulierung durchringen konnte, die zur Not als Entschuldigung gelten kann, kündigten fünf linke und liberale Parteien einen Misstrauensantrag gegen sie an. Über den stimmt das Parlament am Dienstag ab. Will Ministerpräsidentin Solberg ihre Minderheitsregierung retten, täte sie wohl gut daran, ihre erst seit Januar amtierende Justizministerin zu schassen.

Reinhard Wolff

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen