staralbum: Die Schwebende
Immer wieder sieht man im iranischen Wettbewerbsbeitrag „Khook“ („Schwein“) von Mani Haghighi lange in große Gesichtern. Leila Hatami spielt Shiva, eine Schauspielerin, die die Eifersucht und Liebe eines Regisseurs übergeht und mit einem anderen drehen will. Dem besitzergreifenden Filmemacher erscheint sie nach ihrem Tod im Traum. Als Vogelmensch, mit Federn und Flügeln, schwebt sie über ihm. Die Zuschauer dürfen lange in ihr Gesicht sehen, das so schön ist, so klug und klar. Auf der Pressekonferenz zu „Khook“ sagt Regisseur Haghighi: „Es war eine Freude mit diesen schönen, expressiven Gesichtern arbeiten zu dürfen.“
Leila Hatami schwebt nicht nur im Film, auch im echten Leben scheint sie von einer Eleganz getragen, als würden ihre Füße den Boden gar nicht berühren. Sie ist ein Kind des Kinos. Ihre ersten Rollen hatte sie in den Filmen ihres Vaters, die Mutter war Schauspielerin. Auch ihren Ehemann, Regisseur Ali Mosaffa, lernte sie an einem Filmset kennen. Zusammen drehten sie, vor allem aus Geldnot, Filme in familiärem Kreis – Hatamis Mutter und Schwiegermutter spielten mit, sie selbst kümmerte sich um die Ausstattung.
In Deutschland kennt man sie seit dem Film „Nader und Simin – eine Trennung“, der auf der Berlinale 2011 den Goldenen Bären gewann, sie wurde als beste Schauspielerin ausgezeichnet. Auf der Pressekonferenz sitzt sie neben dem Regisseur, der alle Fragen beantwortet. Hatami hält sich wie die anderen SchauspielerInnen zurück, nur einmal funkt sie dazwischen. Er sei genervt davon, als iranischer Künstler immer über Politik sprechen zu müssen, sagt Haghighi. Sein Film sei ein Kunstwerk und kein Tourguide durch die iranische Politik. Hatami, die in Interviews auch schon darüber geklagt hat, immer die politische Lage ihres Landes erklären zu müssen, rückt das schwarze Tuch zurecht, das locker um ihren Kopf gebunden ist, beugt sich vor und sagt: „Ich würde diese Gelegenheit trotzdem gern nutzen, um auszudrücken, wie wütend ich darüber bin, dass man im Iran sein Leben aufs Spiel setzen muss, um zu demonstrieren. Das ist das erste Mal, dass ich wirklich ein politisches Statement machen möchte.“ Sie spricht leise, und was sie sagt, wirkt.
Viktoria Morasch
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