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Conrad Naber, der achte Faule

Nachruf auf einen außergewöhnlichen Unternehmer, einen engagierten Mäzen, einen Freund

Ein Leuchtturm: Conrad Naber Foto: Hans-Henning Hasselberg

Von Rudolf Hickel

Am 29. Januar ist Conrad Naber im Alter von 95 Jahren gestorben. Wer war dieser Mann, der wie ein Leuchtturm in der Warfer Landstraße mit Blickkontakt nach Lilienthal wirkte?

Den Beginn seiner Entfaltung markiert die Gründung seiner Ofenbau-Firma Nabertherm in Lilienthal: Sie bietet heute über 500 Mitarbeitern Arbeit. Hinzu kam Nabers Schifffahrtsgesell­schaft NTH, die in Spitzenzeiten über 17 Frachtschiffe verfügte. Das Besondere: Naber gab sehr viel von seinen Gewinnen an die Men­schen vor Ort zurück.

Der Bürgerstiftung Lili­enthal etwa schenkte Naber sein Haus in der Klosterstraße für Kinderbildungsarbeit. Sein Grün­dungscredo lautete: „Es sollen die Kinder ein- und ausgehen, etwas lernen, den Weg in Zukunft finden“. Heute leistet dort die Kinderakademie vor­zügliche Arbeit auch für sozial Benachteiligte. Daneben förderte die Naber-Stiftung junge SängerIn­nen am Bremer Theater, und im gut gemeinten Sinne von Heimatver­bundenheit, stand auch die Lilienthaler Freilichtbühne auf seiner Mäzenen-Agenda.

Für die Uni, die Hochschule und das Alfred-Wegner-Institut stellte er seine Beratungskraft und auch Finanzmittel zur Verfügung, ebenso für die Jacobs-Universität engagierte er sich. Dafür erhielt 2002 ein Hörsaal den Namen ‘Conrad Naber-Lecture Hall’. Und 1993 erhielt er nicht nur das Bundesverdienstkreuz, sondern auch die Ehrenbürgerschaft der Uni Bremen.

Meine Freundschaft zu Naber begann genau dort: Mit 50 Jahren entschloss er, Wirtschaftswissenschaft zu studieren. Damals hatte die Uni den Ruf der „roten Kaderschmiede“. Vor einer Diskus­sion im Hörsaal wurde abgestimmt, ob sich der „Kapitalist“ beteiligen dürfe. Das Votum fiel überwäl­tigend für den humorvollen Conrad Naber aus. Viele Stu­dierende genossen ihn als Lehrer über erfolgreiche unternehmerische Praxis.

Für seine Diplomarbeit hatte Naber 18 Unternehmen befragt, warum sie nicht in Bremen, sondern in Li­lienthal angesiedelt seien. In der Untersuchung der De­terminanten industri­eller Ansiedlung in Lilienthal in den Jahren 1951-1974 wurde klar: Während sich Lilienthal liebevoll um die ansied­lungswilligen Unterneh­men kümmerte, gab Bremen der Großindust­rie den Vorrang. Nabers Botschaft hatte auf die Bremer Politik Auswirkungen: Heute ist die Förderung auf Bestandspflege und Neuansiedlung konzentriert.

Naber profitierte vom Diskurs der Uni. In Übereinstimmung mit der Legende von den Bremer „sieben Faulen“war sein Motto: „Nur die Faulheit hilft weiter“. Von seinem Lebenswerk werden der Stadtstaat und Lilienthal noch lange profitieren.

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