piwik no script img

Ein Stadion zum Schleuderpreis

Der Traditionsverein Altona 93 hat sein Vereinsgelände offiziell verkauft – zu sehr günstigen Konditionen

„Auch mein Herz blutet, aber das Stadion ist zu einer wirtschaftlichen Last geworden“

Andy Sude, Sprecher Altona 93

Von Leif Gütschow

Die Tage der Adolf-Jäger-Kampfbahn in der Griegstraße sind nun offiziell gezählt. Mit einer ergänzenden Vereinbarung zum bereits 2006 abgeschlossenen Kaufvertrag besiegelt Altona 93 die Übergabe des Stadiongeländes an die Investoren, den Altonaer Spar- und Bauverein (Al­toba) und die Behrendt Grundstücke KG bis zum 31. Dezember 2026. Vorausgegangen war ein Mitgliederbeschluss Ende 2017.

Sollte der Verein vorher ein Ersatzgrundstück für den Sportbetrieb kaufen, pachten oder mieten, kann die Übergabe an die Investoren auch vorher erfolgen. Altoba und die Behrendt Gruppe versprachen ihrerseits finanzielle Unterstützung beim Umzug und Neubau eines Stadions, das an der Memellandallee nähe Diebsteich geplant ist.

Silke Kok, Sprecherin der Al­toba, sagt, dass dies nicht aus Kulanz geschehen sei: „Der Kaufpreis ist fix. Die zusätzlichen Unterstützungsleistungen sind an die Datumsaushandlung der Übergabe gebunden gewesen.“ Zu den Konditionen will sich Kok nicht näher äußern, diese seien „noch nicht bezifferbar“.

Die neu vereinbarten Leis- tungen sehen im Einzelnen vor, dass die Investoren sich am Abriss der noch bestehenden Anlagen beteiligen, Experten für den Bau stellen und das Jahreshonorar einer Jugendkoordinatorenstelle für den Verein bis Ende 2026 zahlen. 2018 wird eine zweite Rate des Kaufpreises fällig.

Der 2006 ausgehandelte Kaufpreis von 11,25 Millionen Euro für die Kampfbahn hat in den Folgejahren für Unmut gesorgt. Fans der 93 fühlten sich wegen niedrigen Kaufpreises über den Tisch gezogen. Mit Blick auf die enorm gestiegenen Grundstückspreise in Ottensen durchaus berechtigt.

Über eine interaktive Bodenrichtwertkarte von Hamburg lässt sich die Entwicklung ansatzweise nachvollziehen. Der dort eher niedrig angesetzten Preise pro Quadratmeter liegen zum Ende 2016 in der Griegstraße gegenüber der Adolf-Jäger-Kampfbahn bei 1075,35 Euro. Nimmt man diesen Richtwert, beläuft sich der Grundstückspreis des Vereinsgeländes bei einer Fläche von 33.000 qm heute ungefähr auf 35,48 Millionen Euro, wenn nicht mehr.

Andy Sude, Sprecher der Altona 93, weiß um die Empörung vieler Fans, die auch um den Verlust der alten Spielstätte trauern: „Auch mein Herz blutet, aber das Stadion ist zu einer wirtschaftlichen Last geworden. Es gibt keine Ecke, wo nicht etwas gemacht werden muss.“ Aus seiner Sicht habe der Verein damals mit dem Rücken zur Wand gestanden. Es sei bei Abschluss des Kaufvertrages nicht absehbar gewesen, wie sich die Preise entwickeln würden: „Damals wurde nach bestem Gewissen entschieden.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen