: Salafist kann vorerst bleiben
Bundesverfassungsgericht: Hessischer IS-Unterstützer darf nicht in Türkei abgeschoben werden
Von Christian Rath
Islamisten dürfen bis auf Weiteres nur in die Türkei abgeschoben werden, wenn die türkische Regierung den Verzicht auf Folter ausdrücklich zusichert. Das hat das Bundesverfassungsgericht jetzt im Fall eines hessischen Salafisten beschlossen.
Konkret geht es um einen heute 30-jährigen Mann, der in Rüsselsheim geboren wurde. Er ließ sich aber nicht einbürgern und ist noch türkischer Staatsbürger. Ab 2011 radikalisierte er sich, wurde Salafist und reiste 2013 mit seiner Ehefrau und zwei Söhnen nach Syrien, wo er in einem von der syrischen Terrorgruppe Junud al-Sham kontrollierten Dorf wohnte.
Zurück in Deutschland wurde der Mann 2014 festgenommen und 2015 wegen Unterstützung von terroristischen Vereinigungen zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Junud al-Sham soll er Geld und ein Fahrzeug beschafft haben. An den IS soll er 25.000 Euro gespendet haben, die er sich über einen Kredit beschafft hatte.
Die Ausländerbehörde des hessischen Wetteraukreises wies ihn 2016 aus und ordnete die Abschiebung in die Türkei an. Der hessische Verwaltungsgerichtshof konnte im August 2017 keine Abschiebungshindernisse erkennen. Er bezog sich auf den Türkei-Lagebericht des Auswärtigen Amts von Februar 2017. Folter hätten allenfalls Mitglieder der türkischen PKK zu befürchten und Anhänger des Predigers Gülen, der in der Türkei für den Putschversuch von 2016 verantwortlich gemacht wird.
In seiner Verfassungsbeschwerde berief sich der Salafist auf Informationen von Amnesty International. AI liege der Brief eines Türken vor, dessen Sohn in der türkischen Stadt Corum inhaftiert sei. Er werde geschlagen, erhalte keine ärztliche Versorgung und müsse in einer Zelle voll Fäkalien schlafen.
Das Bundesverfassungsgericht stellte jetzt fest, dass die hessischen Gerichte das Grundrecht des Islamisten auf effektiven Rechtsschutz verletzt hatten. Sie hätten die Amnesty International vorliegenden sehr konkreten Hinweise überprüfen müssen, zumal es genügend andere Hinweise auf Probleme im türkischen Strafvollzug gebe. Solange die im Raum stehenden Vorwürfe nicht ausgeräumt seien, wäre eine Abschiebung nur möglich, wenn die Türkei völkerrechtlich zusichert, dass sie den Mann nicht foltern oder unmenschlich behandeln wird.
(Az.: 2 BvR 2259/17)
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