das portrait
: Wolfgang Ehmke kämpft weiter

Hat in der Türkei Deutsch-Fortbildungen für Lehrer geleitet: Wolfgang Ehmke Foto: dpa

Wolfgang Ehmke findet sich nicht einseitig. Sicher, ein bisschen fixiert ist er auf den Anti-AKW-Kampf – schon weil er im Wendland aufwuchs. Und weil er ein politischer Mensch ist. Denn das Endlager Gorleben sei nicht vom Tisch, bloß weil jetzt auch andere Optionen geprüft würden. „Sicher, Gorleben ist derzeit auf Standby“, sagt der 70-Jährige. „Aber der Abriss der überirdischen Bauten ist Kosmetik. Die unterirdische Infrastruktur bleibt.“

Deshalb findet er es sinnvoll, eins der Mauerstücke zum Denkmal für „verkorkste Endlagersuche“ umzuwidmen, wie es seine Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg jetzt beschlossen hat. Denn die Debatte könne jederzeit wieder hochkochen.

Und auch wenn man darüber streiten kann, ob die AKW-Abschaltung bis 2022 Verdienst der Bürgerinitiative ist oder ein Resultat des Fukushima-GAUs: Aufgeben wird Ehmke nicht, und zu zivilem Ungehorsam ist er stets bereit. Weiter als bis zur Ordnungswidrigkeit ging das aber nie. „Gewalt war für mich immer die Grenze“, sagt er. Und fürs Anketten fehlt mir der Mut.“ Sein Metier sei das Agitieren, das Streiten auf Kongressen. Verständlich: Der Germanist und Romanist war Lehrer, hat lange an einem Hamburger Wirtschaftsgymnasium unterrichtet, bevor er Interkulturalität studierte und von 2004 bis 2007 in die Türkei ging.

Warum die Türkei? „Weil unter meinen Schülern viele Türken der zweiten Migrantengeneration mit Deutsch-Defiziten waren“, sagt er. In der Türkei hat er Deutsch-Fortbildungen für Lehrer geleitet, ist viel herumgekommen, in den Kurdengebieten sogar Wahlbeobachter gewesen. „Das war eine Phase des Aufbruchs, man konnte in Schulen offen über den EU-Beitritt diskutieren“, sagt er.

Um weitere drei Jahre verlängern wollte er nicht, „dann verliert man zu viele Freunde zuhause“. Aber der Connex zur Türkei blieb: Ehmke hat mehrere Schüleraustausche betreut, darunter ein Projekt über von der Türkei aufgenommene NS-Flüchtlinge. Heute gibt er Integrationskurse und definiert das ausdrücklich als „politische Aktivität“. Petra Schellen