VW attackiert Autolobby

Konzernchef Müller fordert, in der Umweltdebatte „auch mal Klartext zu reden“. Die Kluft zwischen seiner Branche und der Gesellschaft wachse

Volkswagen-Chef Matthias Müller geht in der Debatte über den Umweltschutz im Autoverkehr mit der eigenen Branche und ihrem Verband VDA kritisch ins Gericht. „Der VDA kann nur erklären, was von allen Mitgliedern mitgetragen wird. Manchmal braucht es aber eben Klarheit und nicht nur einen Minimalkonsens“, sagte Müller der Welt am Sonntag.„Um es etwas scharf zu formulieren: Wir waren nicht mutig genug, wir hätten früher agieren müssen.“ Die Auto-Verbandswelt werde sich angesichts der öffentlichen Debatten „neu sortieren“ müssen. Die Kluft zwischen seiner Branche und der Gesellschaft wachse, sagte Müller. Der VDA wollte sich zu Müllers Aussagen nicht äußern.

Der „Systemwechsel“ zur Elektromobilität müsse schneller gehen, sagte Müller. Und forderte mehr Hilfe von der Politik. Heute habe es die Autoindustrie mit vier bis fünf Ministerien zu tun, die oft konträre Auffassungen verträten. „Eine einheitliche Linie ist da eher die Ausnahme“, kritisierte Müller.

Bislang sind deutsche Autofahrer kaum an E-Autos interessiert. In Deutschland waren Anfang 2017 rund 45,8 Millionen Autos zugelassen, darunter 165.405 Hybridautos (0,36 Prozent) und 34.022 reine Elektroautos (0,07 Prozent).

Müller hatte erst vor zwei Wochen – auch in einem Interview – die Steuervorteile für Dieselsprit in Zweifel gezogen. Konkret schlug Müller eine schrittweise Umschichtung der Steuer­erleichterungen vor: „Abstriche bei den Dieselsubventionen, dafür Anreize für Elektroautos, wären das richtige Signal. Das würden wir aushalten, ohne gleich Existenzängste haben zu müssen.“ FDP-Generalsekretärin Nicola Beer hatte ihn deshalb „Diesel-Judas“ bezeichnet und ihm „ungenierte Selbstbedienung zu Lasten der Dieselfahrer“ vorgeworfen.

In der Welt am Sonntagsprach Müller von einer „trostlosen Diffamierung“ und sagte: „Das ist unsachlich und spricht mehr für Polemik als für ­Sachverstand.“ Gleichzeitig betonte der VW-Chef, der Dieselantrieb sei trotz aller Kritik „eine Top-Technologie“, die „auch auf mittlere Sicht weiter eine wichtige Rolle“ spielen werde. (dpa)

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