piwik no script img

wie machen sie das?Die Notfall-betreuerin

Susanne Schwarz, 57, arbeitet seit sieben Jahren ehrenamtlich als Betreuerin bei Notfällen. Wenn bei Einsätzen von Polizei, Feuerwehr oder Notärzten eine ­Situation belastend werden könnte, wird sie dazugerufen. Sie lebt in Oberharmersbach im Schwarzwald.

taz am wochenende: Frau Schwarz, Sie sind an Unfallorten diejenige, die den Hinterbliebenen die Todesnachricht überbringt. Wie machen Sie das?

Susanne Schwarz:Wenn bei einem Einsatz die Polizei dabei ist, muss die die Todesnachricht überbringen. Ich bin dann danach für die Menschen da. Manchmal überbringe aber auch ich die Todesnachricht, wenn die Polizei nicht dabei ist, oder um weitere Familienangehörige zu informieren. Ich bringe die Menschen ins Wohnzimmer oder an den Küchentisch, damit sie erst mal sitzen. Und dann sage ich direkt, was passiert ist, in ein, zwei Sätzen. Die Leute wissen schon, dass etwas nicht in Ordnung ist, wenn die Notfallbetreuung bei ihnen klingelt. Da ist es nicht gut, sie lange hinzuhalten.

Was brauchen die Menschen in einer solchen Situation?

Meistens höre ich einfach nur zu. Viele Hinterbliebene reden über den Verstorbenen, erzählen ganz viel, und immer wieder kommt die Erkenntnis: Ja, er ist jetzt tot, wirklich tot. Viele nehme ich in den Arm, wenn ich das Gefühl habe, die Menschen wollen und brauchen das. Und manchmal wird die Hilfe auch ganz praktisch, wenn ich zum Beispiel die Kinder anrufe oder den Arbeitgeber über den Tod des Mitarbeiters informiere, weil die hinterbliebene Ehefrau das nicht allein kann oder will.

Werden Sie nur hinzugerufen, wenn jemand gestorben ist?

Nein, wir Notfallbetreuer sind immer dann dabei, wenn die Polizei oder Feuer­wehr denkt, dass die Leute emotionale Unterstützung brauchen, zum Beispiel bei einer Wohnungsräumung. Oder wenn ein Bauernhof abbrennt und die Leute plötzlich vor dem Nichts stehen, sind wir auch dabei. Wir kümmern uns dann darum, dass die Betroffenen irgendwo unterkommen und nicht zusehen müssen, wie ihr Haus abbrennt. Wir bleiben so lange, bis sie mit dem Nötigsten versorgt sind und das Leben weitergeht. Es ist ja wirklich alles weg in so einem Fall.

Gehen Ihnen solche Einsätze auch selbst sehr nahe?

Es ist immer schlimm, wenn ein Mensch stirbt oder jemand seine ganze Existenz verliert. Manchmal kenne ich die Leute auch, die ich betreue, das macht das Ganze schwieriger. Aber ich darf nicht mitleiden, sondern muss und will für die Menschen da sein. Irgendwie funktioniert das. Außerdem sind wir immer mindestens zu zweit beim Einsatz, dann kann ich danach direkt mit meinem Kollegen darüber sprechen und das Erlebte verarbeiten. InterviewChristina Spitzmüller

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen