Bernhard Clasen über die Verhaftung Saakaschwilis in der Ukraine: In Opposition vereint
Mit der Verhaftung von Michail Saakaschwili ist dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko gelungen, was bisher kein Oppositionspolitiker geschafft hat: Die parlamentarische und außerparlamentarische Opposition gegen den Präsidenten ist geeint wie noch nie zuvor.
Kräfte, die sich bisher nicht einmal mit der Kneifzange angefasst hätten, ziehen nun an einem Strick. Es ist nicht auszuschließen, dass die Aktivisten, die Saakaschwili nach seiner Verhaftung aus dem Wagen des Inlandsgeheimdienstes befreit haben, noch Tage zuvor Saakaschwilis Lieblingsfernsehstation „Newsone“ blockiert haben, weil diese prorussisch sei.
Die streng patriotische Oppositionspartei „Selbsthilfe“ verurteilt die Verhaftung von Michail Saakaschwili genauso wie der „Oppositionsblock“, der immer wieder als prorussisch bezeichnet wird. Und auch die innerparteiliche Opposition im „Block Petro Poroschenko“ formiert sich. Man könne sicherlich geteilter Meinung zu Michail Saakaschwili sein, meinte etwa der Abgeordnete Mustafa Najem, aber was hier passiert sei, könne inzwischen jedem passieren.
Und so erscheint der Versprecher der Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko, die Michail Saakaschwili als Präsidenten der Ukraine bezeichnet und in ihrer Entschuldigung für den Versprecher noch nachgeschoben hatte, dass das doch eigentlich gar nicht so schlecht wäre, fast etwas Prophetisches zu haben.
Aber auch im Ausland dürfte sich Poroschenko mit der Verhaftung seines Widersachers Saakaschwili keine Freunde gemacht haben. Allein die Anschuldigung, Saakaschwili habe mit Russland und dem ehemaligen Präsidenten der Ukraine, Wiktor Janukowitsch, zusammengearbeitet, dürfte dort auf wenig Verständnis stoßen. Schließlich kann man sich gut an Saakaschwilis unerbittliche Rhetorik gegen Putin und seinen Krieg mit Russland 2008 erinnern.
Auch aus Europa dürfte, hoffentlich und immerhin, manches kritische Wort über fehlende Rechtsstaatlichkeit nach der Verhaftung von Poroschenkos politischem Widersacher, der bei seiner Verhaftung nicht einmal Kontakt zu seinem Anwalt haben durfte, zu erwarten sein.
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