: Wiederholen ist gestohlen
Zwei NPD-Anhänger haben ein Verfahren wegen Raub am Hals: Sie hatten einer Lehrerin zuvor verteilte CDs entrissen
Die Polizei hat ein Ermittlungsverfahren wegen Raubes gegen zwei Anhänger der NPD eingeleitet. Sie hatten gestern im Rahmen einer bundesweiten Aktion der Partei vor einer Schule in Marzahn CDs verteilt, mit denen die Rechtsextremen Erstwähler werben wollen. Einer Lehrerin, die mehrere der verteilten Scheiben eingesammelt hatte, rissen sie diese wieder aus der Hand. „Der Vorfall zeigt, wie fließend die Grenzen zwischen Rechtsextremismus und Gewalt sind“, so der Kommentar dazu von Innensenator Ehrhart Körting (SPD).
Eigentlich wollte die NPD allein in Berlin vor 10 bis 15 Oberschulen CDs verteilen. Durchgeführt wurde die Aktion lediglich vor zwei Schulen, einer in Weißensee und einer in Marzahn. Das bestätigten ein Sprecher der Bildungsverwaltung und eine Sprecherin des NPD-Landesverbandes unabhängig voneinander. Auf dem Cover der Tonträger mit rechtsextremistischem Inhalt ist ein Rucksack mit Graffiti-Schrift zu sehen. „Hier kommt der Schreck aller linken Spießer und Pauker“, steht da etwa.
Nach Angaben von Schulleiter Wolfgang Noetzel hatten gestern gegen 7.30 Uhr fünf NPD-Anhänger begonnen, vor der Rudolf-Virchow-Gesamtschule in Marzahn CDs zu verteilen. Die Schule ist mit 1.100 Schülern eine der größten Berliner Bildungsstätten. Eine Lehrerin habe in einiger Entfernung SchülerInnen angesprochen, die eine CD bekommen hatten: Wenn sie diese loswerden wollten, könnten sie sie ihr geben, habe sie ihre Schützlinge aufgefordert.
Die Lehrerin habe zwischen 15 und 20 CDs eingesammelt, als sich einer der Verteiler plötzlich vor ihr aufbaute und die Herausgabe der Tonträger verlangte. Nein, sie werde diese vernichten, sei die Antwort der Lehrerin gewesen. Dann sei ein zweiter NPD-Anhänger dazu gekommen und habe ihr die CDs aus der Hand gerissen. Danach suchten die Verteiler das Weite. Eine Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch kommt laut Noetzel nicht in Betracht, weil ein Schulhof öffentlicher Raum ist. Eingeleitet worden sei von der Kripo aber ein Ermittlungsverfahren wegen Raubes: Wer sein Eigentum verschenkt habe, könne sich dieses nicht einfach zurückholen, erfuhr der Schulleiter von einem Kripobeamten.
Der Bundessprecher der NPD, Klaus Beier, wollte den Vorfall nicht bestätigen. „Aber selbst wenn es so war, wäre das kein großes Drama“, meint er. Wenn ein Lehrer Schülern deren Eigentum entwende, könne man sich das doch zurückholen.
In Weißensee haben Mitglieder der Grünen gegen die NPD-Verteilaktion mobilgemacht. Etliche Schüler hätten die CDs gegen Clubgutscheine und Tickets für Spiele des Football-Teams Berlin Thunder umgetauscht, hieß es in einer Pressemitteilung der Partei. Die Mülltüte mit den CDs überreichte Fraktionschef Volker Ratzmann Körting im Innenausschuss. Vor einer Oberschule in Neukölln, wo die Grünen ebenfalls Stellung bezogen hatten, ließ sich die NPD nicht blicken. PLUTONIA PLARRE