: Huch, eine Kriegswaffe
Die Polizei hat beim G20-Gipfel „Mehrzweckpistolen“ eingesetzt. Laut Heckler & Koch gelten diese als Granatwerfer – und die gilt als Kriegswaffe
Von Katharina Schipkowski
Die Munition, die die Polizei beim G20-Gipfel in Richtung der Demonstrant*innen gefeuert hat, war schon im August kritisiert worden . Nun kam raus, dass auch der Einsatz der Waffen, aus denen gefeuert wurde, offenbar rechtswidrig war. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Hamburger Linksfraktion gibt der Senat an, dass Polizeieinheiten verschiedener Bundesländer in 67 Fällen Reizgas aus einer Mehrzweckpistole abgeschossen hatten. Die MZP 1, also die Mehrzweckpistole, gilt laut ihrem Hersteller Heckler & Koch als Granatwerfer. Damit wäre ihr Einsatz in Hamburg illegal. Die Linksfraktion will nun prüfen, ob sie die Polizeiführung wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verklagt.
Das Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung regelt in Hamburg, welche Waffen die Polizei benutzen darf. In Absatz 18 steht: „Als Waffen sind Schlagstock, Pistole, Revolver, Gewehr und Maschinenpistole zugelassen.“ Nach Ansicht des Senats fällt die MZP 1 unter die Rubrik „Pistole“, wie aus der Antwort an die Linksfraktion hervorgeht: „Sie (die Munition) wurden verschossen mit der MZP 1, die eine Pistole im Sinne des § 18 Absatz 4 ist.“
Auf seiner Homepage bezeichnet der Waffenkonzern Heckler & Koch die MZP 1 als „Granatpistole“. Laut „Spiegel Online“ sagte ein Sprecher des Waffenkonzerns, die Granatpistole zähle nicht zur Kategorie „Pistole“, sondern zur Kategorie der Granatwerfer. Sie gilt damit als Kriegswaffe.
Dass die Polizeiführung nicht wusste, dass sie verbotenerweise eine Kriegswaffe einsetzt, hält die Linksfraktion für unvorstellbar. „Natürlich weiß die Polizei das“, sagte Schneider. Auf ihre Anfrage hin war ebenfalls herausgekommen, dass beim G20-Gipfel Reizgas gegen Demonstrant*innen eingesetzt wurde, obwohl der Senat noch im März gesagt hatte: „Ein Einsatz von Reizstoffen über Abschussvorrichtungen, wie zum Beispiel mittels einer Mehrzweckpistole, erfolgt in Hamburg nicht.“ Das Hamburger Landesgesetz verbietet den Einsatz von Reizgas, daran müssen sich auch auswärtige Einheiten halten, wenn sie in Hamburg sind.
Eine sächsische Polizeieinheit, eine thüringische, eine bayerische, eine aus Rheinland-Pfalz und eine hessische Polizeieinheit hatten während des Gipfels Anfang Juli dennoch mit Reizgas auf Demonstrant*innen geschossen. Polizeipräsident Ralf Meyer hatte daraufhin die Schuld auf die auswärtigen Einheiten geschoben: „Eine grundsätzliche Anordnungslage des Polizeiführers schließt nicht aus, dass situationsbedingt vor Ort der Einsatz von Reizstoffen entschieden und angeordnet wird“, sagte er.
Dass der Einsatz der Munition wirklich situationsbedingt und damit ungeplant erfolgte, hält die Linksfraktion für ebenso wenig glaubwürdig wie der Einsatz von Granatwerfern aus Versehen.
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