: Toulouse-Attentat: 20 Jahre Haft
Aus Paris Rudolf Balmer
Zwanzig Jahre Haft für Abdelkader Merah wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, 14 Jahre für einen zweiten Angeklagten, der dem Terroristen Mohammed Merah eine Waffe und eine schusssichere Weste beschafft hatte. So lautet das Urteil am Ende der Verhandlungen über die Attentate in Toulouse im März 2012. Der Prozess hat vor allem verdeutlicht, wie heikel es für die Justiz ist, in Abwesenheit des Attentäters über mutmaßliche Komplizen zu urteilen. Der eigentliche Täter, Mohammed Merah, wurde von der Polizei erschossen, nachdem er bei Anschlägen in Toulouse und Montauban sieben Menschen ermordet hatte, darunter einen Lehrer und drei Kinder einer jüdischen Schule. Die Attentate waren der Beginn einer Welle islamistischer Anschläge in Frankreich. Es folgten die Angriffe auf Charlie Hebdo, das Bataclan und Nizza – um nur die schlimmsten zu nennen.
Vor dem Sondergericht für Terrorismus stand in diesem Kontext nun wegen Beihilfe Mohammed Merahs älterer Bruder Abdelkader. Die Anklage hatte ihn ursprünglich als eigentlichen Anstifter dargestellt. Dafür und überhaupt für eine aktive Beteiligung an den Attentaten konnten jedoch keine Beweise erbracht werden. Er wurde schließlich wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen kriminellen Organisation zur Höchststrafe von 20 Jahren verurteilt.
Wahrscheinlich erachten die Richter von Paris ihre Entscheidung als salomonisches Urteil: Sie wollten diesen Angeklagten, der zumindest teilweise von terroristischen Absichten seines Bruders wusste und bis heute keine Reue zeigte, nicht ungeschoren davonkommen lassen. Eine radikale islamische Gesinnung allein aber ist kein Straftatbestand. Das Urteil schafft einen Präzedenzfall: Wer zum Umfeld von Dschihadisten mit terroristischen Absichten gehört und nichts dagegen tut, muss in Zukunft mit einer strengen Verurteilung rechnen.
Die Staatsanwaltschaft kündigte dennoch am Freitag an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Es seien nicht alle rechtlichen Konsequenzen der Tatbestände gezogen worden. Die Staatsanwaltschaft hatte „lebenslänglich“ gefordert.
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