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Ein weiteres Ultimatum für Katalonien

Spaniens Regierung will nun, dass Puigdemont sich bis Donnerstag erklärt

Aus Madrid Reiner Wandler

Weder ja, noch nein. Der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont hat auf die Frage der spanischen Regierung, ob er am vergangenen Dienstag vor dem Autonomieparlament die Unabhängigkeit erklärt habe oder nicht, mit einem zwei Seiten langen Schreiben geantwortet. „Die Situation, die wir durchleben, ist von solcher Tragweite, dass sie nach politischen Antworten und Lösungen verlangt, die auf der Höhe sind“, beginnt Puig­de­mont seinen Brief, der am Montagfrüh, vor Ablauf des Ultimatums um 10 Uhr, den Regierungspalast La Moncloa in Madrid erreichte. Die Mehrheit der Gesellschaft und auch Europa würden das von den beiden Konfliktparteien erwarten.

Der Chef der Autonomieregierung „Generalitat“ bietet dem konservativen spanischen Premier Mariano Rajoy eine zweimonatige Dialogfrist an, wenn nötig mit internationalen Vermittlern. „Lassen wir nicht zu, dass sich die Situation verschlechtert. Ich bin sicher, dass wir mit gutem Willen, der Anerkennung des Problems und mit einem klaren Blick einen Weg zur Lösung finden können“, endet das Schreiben. Puig­demont hatte in seiner Rede vom vergangenen Dienstag die Katalanische Republik angekündigt, aber zur Förderung eines Dialogs sofort wieder ausgesetzt.

„Ich bedauere, dass Sie beschlossen haben, die Anfrage […] nicht zu beantworten, und somit nicht zu klären, ob irgendeine Autorität der Generalitat die Unabhängigkeit Kataloniens ausgerufen hat“, beginnt Rajoys Antwort, die weniger als zwei Stunden auf sich warten ließ. Rajoy will von einem Dialog nichts wissen, solange Puigdemont nicht „zur Legalität zurückkehrt“. Einen Dialog könne es nur im Rahmen der Verfassung geben. Diese sieht ein Selbstbestimmungsrecht und damit ein Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens nicht vor.

Die spanische Regierung stellt ein neues Ultimatum. Rajoy verlangt von Puigdemont, bis Donnerstagfrüh um 10 Uhr die entsprechende Klärung nachzureichen. Wenn nicht, sei er „der einzig Verantwortliche für die Anwendung der Verfassung“. Damit meint der spanische Regierungschef den Artikel 155, der es erlaubt, Autonomiebefugnisse außer Kraft zu setzen und Katalonien direkt von Madrid aus zu regieren. „Das impliziert nicht die Suspendierung der Selbstregierung, sondern die Restauration der Legalität“, heißt es in Rajoys Schreiben. Eine Möglichkeit wäre, dass Madrid das katalanische Parlament auflöst und Neuwahlen ausruft. Für diesen Fall haben die Parteien, die die Unabhängigkeit Kataloniens fordern, angekündigt, den Urnengang zu boykottieren. Sie stellen die Mehrheit im katalanischen Parlament.

Sollte Puigdemont über den Donnerstag hinaus zweideutig bleiben, sieht der Fahrplan Rajoys vor, dass der Senat nach einer Sondersitzung des Kabinetts in Madrid über die Anwendung des Artikels 155 berät. In dieser zweiten Parlamentskammer hat Rajoys Partido Popular (PP) die absolute Mehrheit.

Eine Verschärfung des Konflikts scheint programmiert. Am Montagnachmittag beantragte Spaniens Generalstaatsanwaltschaft schon einmal Untersuchungshaft für den Chef der katalanischen Polizei, Josep Lluis Trapero, wegen Rebellion.

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