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Angemessen unbescheiden

Future, der König aus der aktuellen Hauptstadt des HipHop, Atlanta, gab sich am Wochenende in der Columbiahalle die Ehre

Von Andreas Hartmann

Jahrzehntelang kam HipHop in den USA aus New York und Los Angeles. Dort wurde er geboren, dort wurde er groß und immer größer. Das ist seit einer Weile vorbei. Atlanta, die Hauptstadt Georgias im Süden der USA, dort, wo sie Donald Trump gewählt haben, ist nun schon seit einer Weile Amerikas HipHop-Hauptstadt. Der HipHop hier passt nicht in die gängigen Schablonen zwischen Gangsta und Oldschool, sondern sprengt das etablierte Raster, indem er ständig neue Elemente mit großer Rasanz integriert und HipHop als entgrenztes Spektakel entwirft. Die Spielart Crunk wurde hier groß, eine irre Mixtur aus Beats und schriller, durchdrehender Elektronik mit Anleihen an Reggaeton. Die Message: Alles ist erlaubt. Die neue und gefeierte amerikanische HipHop-Serie „Atlanta“ porträtiert diese Szene.

Und deren neuer König hat sich nun am Wochenende nach Berlin begeben. Er heißt angeblich Nayvadius DeMun Wilburn, aber da sich diesen Namen sowieso niemand merken kann, lässt er sich lieber Future rufen. Sicherlich auch, weil er, als er vor fünf Jahren mit seiner Karriere als Rapper begonnen hat, sich bereits für nichts weniger als die Zukunft des HipHop gehalten hat. Und damit sogar völlig angemessen unbescheiden war. Denn richtig lange ist er noch nicht im Geschäft, hat aber bereits fast ein Dutzend Platten und Mixtapes veröffentlicht, kaum ein anderer Rapper ist so hyperaktiv wie er. In den USA ist er bereits ein Superstar und seine aktuelle Platte landete ganz vorne in den Charts. So weit ist er hierzulande noch nicht, doch die Columbiahalle bekommt er locker voll und wenn man dann mitbekommt, wie das Publikum ganze Stücke von ihm mit anstimmen kann, wird klar, dass er auch in Deutschland bereits der Rapper der Gegenwart und wohl auch, nun ja, der Zukunft ist.

Future setzt bei seiner Show voll und ganz auf die große Überwältigungsnummer. Gigantische Lightshow, grelle Visuals und dazu ein Mörderbass, der einen schier wegfegt. Der Rapper ist eigentlich bekannt als Meister des Auto-Tune-Effekts, mit dem man Gesang oder Raps so schön gaga und roboterhaft klingen lassen kann. Bei Futures Auftritt in Berlin weiß man jedoch nie so recht, ob da nun Auto-Tune mit drin ist in seiner Stimme oder doch nicht. Jedenfalls ist bei dem HipHop-Star Auto-Tune ganz offensichtlich längst mehr als bloß ein Effekt, sondern er benutzt die Technik so selbstverständlich, wie er sich morgens und abends die Zähne putzt.

Das ganze Atlanta-Ding, dieses Prinzip HipHop, das keine Regeln mehr kennt, bringen am besten die Visuals auf den Punkt, die Future mitgebracht hat. Man sieht sehr viel Geflimmer, mit tausend Filtern und Software bearbeitete Bilder, die scheinbar wahllos auf die Leinwand hinter der Bühne geklatscht werden. Da wird keine Story erzählt und auch nicht bloß eine bestimmte Bildsprache verwendet, sondern da gibt es mal halberotische Bilder von Frauen und dann wieder einfach nur abstraktes Bildgeflacker. Nur bei den Frisuren seiner vier Tänzer, die zwischen dem Star des Abends und seinem DJ hinterm Laptop andauernd auf der Bühne herumturnen, scheint der Rapper aus Atlanta eine klare Linie zu verfolgen. Alle vier haben sich anscheinend dieselben Löckchen flechten lassen müssen, um mit ihm auf die Bühne zu stehen.

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