Kommentar von Dorothea Hahn : Der Präsident der Waffenlobby
Wenn sich jemand mit automatischen Gewehren im 32. Stock eines Hotels einrichtet, um auf Menschen zu schießen, die auf der Straße zu einem Konzert zusammenkommen, und wenn er 59 von ihnen tötet und mehr als 500 verletzt, dann ist das Terrorismus. Auch wenn der Täter so weiß, so US-amerikanisch und so nichtvorbestraft ist wie der Massenmörder von Las Vegas.
US-Präsident Donald Trump ist einer, der überall auf der Welt Terroristen sieht. Der sie überstürzt per Tweet verurteilt und Konsequenzen androht, die von Einreiseverboten für religiöse Minderheiten bis zu Bomben reichen. Aber er ist nicht bereit, dies auch im Innern seines eigenen Landes zu tun. In der Erklärung, die er wenige Stunden nach der tödlichsten Schießerei der jüngeren US-Geschichte abgab, nannte er weder die Tat beim Namen noch machte er den legalen und unkontrollierten Zugang zu militärischen Waffen verantwortlich. Stattdessen versteckte er sich hinter Worthülsen über das „absolute Böse“, über das Zusammenrücken seiner Landsleute und über Gott und die Bibel.
Mit Trump ist die Schusswaffenlobby im Weißen Haus angekommen. Die wichtigste dieser Interessengruppen, die NRA (National Rifle Association), hat dafür gesorgt, dass es in den USA heute mehr Schusswaffen als Einwohner gibt, dass militärische Waffen, die ausschließlich für das Töten von Menschen konzipiert sind, zu banalen Verkaufsartikeln geworden sind und dass Millionen Menschen an die unsinnige Gleichung glauben, Schusswaffen bedeuteten Freiheit. Die NRA hat auch die Mehrheit der republikanischen Politiker gekauft: Mit politischen Noten, mit Werbespots und mit sehr viel Geld. Für Donald Trump hat sie mehr ausgegeben als je zuvor für einen Präsidenten: an die 50 Millionen Dollar, wovon der größere Teil in die Kampagne gegen Hillary Clinton floss, die ausdrücklich mehr Schusswaffenkontrolle wollte.
In den kommenden Tagen werden die Wogen der Empörung hochschlagen und Rufe nach einem Ende der tödlichen Rüstungsspirale im Innern der Vereinigten Staaten laut werden. Das ist nach jedem neuen Massaker so. Doch selbst Expräsident Barack Obama, ein erklärter Befürworter der Schusswaffenkontrolle, hat es nicht geschafft, die mächtige NRA zurückzudrängen.
Trump versucht das nicht einmal. Er ist der Präsident der NRA. Mit ihm gibt es allenfalls „warme Gedanken“ und „beten“ – sowie die bittere Gewissheit, dass das nächste, womöglich noch tödlichere Massaker irgendwo in den USA schon in Vorbereitung ist.
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