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Stahlkocher auf der Straße

Industrie Beschäftigte von Thyssenkrupp demonstrieren heute in Duisburg gegen die geplante Fusion mit Tata Steel und den Umzug des Firmensitzes nach Amsterdam

Heißes Eisen: Tata-Stahlwerk in Frankreich Foto: Vincent Kessler/reuters

von Richard Rother

BERLIN taz | Für die große Koalition in Berlin kam die Nachricht zur Unzeit: die Abwanderung des Hauptsitzes der Stahlsparte des Traditionsunternehmens Thyssenkrupp von Duisburg nach Amsterdam, dazu die Angst Tausender Arbeitnehmer und ihrer Familien vor der Zukunft. Das alles ist für Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) im Bundestagswahlkampf eine schwere Hypothek – wenn sie nicht noch Mittel und Wege finden, den Stahlkochern wirksam beizustehen.

Nach der Schocknachricht vom Mittwoch haben zumindest die Beschäftigten schnell reagiert: Am Freitag wird es in Duisburg eine Großdemonstration zum Erhalt der Arbeitsplätze im Ruhrgebiet geben – und parallel dazu wird die Produktion gestoppt. Die Anlagen würden mit Beginn der Frühschicht heruntergefahren, kündigte ein Sprecher des Betriebsrats an. Im Werk werde lediglich eine Notbesatzung dafür sorgen, dass es zu keinen Schäden komme. Erst am Nachmittag werde der normale Betrieb wieder aufgenommen.

Am Mittwoch hatten Thyssen­krupp und der indische Konzern Tata Steel bekannt gegeben, mit einer Fusion den zweitgrößten europäischen Stahlhersteller gründen zu wollen. Hauptsitz des fusionierten Unternehmens sollen die Niederlande sein, wo die strengen Regeln der deutschen Montanmitbestimmung nicht gelten.

Mit dem Zusammenschluss würde hinter Arcelor-Mittal der zweitgrößte europäische Stahlproduzent entstehen. Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger bezeichnete das als Vorwärtsstrategie. Dass dadurch bis zu 2.000 Stellen bei Thyssenkrupp wegfallen könnten, sei „keine schöne Zahl“. Allerdings seien dadurch „einige Zehntausende langfristig deutlich gesicherter“.

Für die Stahlbranche seien insbesondere Überkapazitäten ein Problem, so Hiesinger. „Unsere Mannschaft beim Stahl macht einen tollen Job.“ Aufgrund des hohen Kostendrucks und des kaum wachsenden Marktes in Europa folge allerdings notgedrungen „Kostensparprogramm auf Kostensparprogramm“, dies sei eine Teufelsspirale.

„Die Fusion bietet eine gute Perspektive für Nordrhein-­Westfalen“

Andreas Pinkwart (FDP)

„Wir lehnen diesen Zusammenschluss weiterhin ab“, erklärte hingegen der Bezirksleiter der IG Metall in Nordrhein-Westfalen, Knut Giesler. „Arbeitsplätze und Standorte müssen gesichert sein.“ Der Vorstand müsse endlich alle Fakten auf den Tisch legen.

Linken-Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht bezeichnete die Fusion als „schlechte Nachricht für die Belegschaft“. Bundes- und Landesregierung müssten jetzt intervenieren und eine Industriestiftung nach dem Vorbild der saarländischen Stahlstiftung auf den Weg bringen, um Arbeitsplätze und Standorte langfristig zu sichern. „Es kann nicht sein, dass die Beschäftigten jetzt Fehlentscheidungen des Managements von Thyssenkrupp, das bei Investi­tio­nen in Brasilien und den USA Milliarden in den Sand gesetzt hat, ausbaden müssen.“

Das sieht NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) anders. „Die Fusion bietet aus heutiger Sicht eine gute Perspektive für den Standort Nordrhein-Westfalen“, sagte er. So könne ein Optimum an Arbeitsplätzen gesichert werden.

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